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Geschichte der DDR
1949-1990
1945 - 1949: Der Weg in die Diktatur
Demokratischer Neuanfang 1945?
Einheitsdrang - Einheitszwang
Der Weg in die Zweistaatlichkeit
Die Gründung des "Arbeiter-und-Bauern-Staates"
Die DDR in den fünfziger Jahren
Klassenkampf "von oben"
Der 17. Juni 1953 erschüttert das politische System
Der "Neue Kurs"
Kurzes Tauwetter 1956
Ein letzter Schritt zum Sozialismus?
Die DDR am Abgrund
Die sechziger Jahre: Konsolidierung im Schatten der Mauer
"Wer nicht gegen uns ist, ist für uns"
Die siebziger Jahre: Die Ära Honecker
Die Absetzung Ulbrichts
Geliehener Wohlstand
Deutsch-deutsche Annäherung
Der "Fall Biermann"
Das letzte Jahrzehnt
SED-Staat und Kirche
Die deutsch-deutschen Beziehungen in den achtziger Jahren
Perestroika? Nein Danke! Die SED zeigt sich reformunfähig
Die Opposition formiert sich
Die gelähmte SED
Von der "Wende" zum Ende
Der Weg zur deutschen Einheit
Weiterführende Literatur
Der Weg in die Diktatur (1945-1949)
Für keinen der Parteiführer war es der erste Aufenthalt in Moskau. Die Altkommunisten Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Fred Oelßner hatten während der nationalsozialistischen Diktatur viele Jahre im - wie es in der Propaganda hieß - "Vaterland aller Werktätigen" verbracht. Auch der einstige Sozialdemokrat Otto Grotewohl, der gemeinsam mit Pieck der SED vorstand, war schon mehrfach in geheimer Mission im Kreml gewesen. Und dennoch dürfte die Anspannung der vier Funktionäre groß gewesen sein, als sie am 16. September 1949 überstürzt nach Moskau flogen. Am Vortag hatte der westdeutsche Bundestag Konrad Adenauer zum Bundeskanzler gewählt. Jetzt, da die staatliche Teilung Deutschlands besiegelt schien, erwartete die ostdeutsche Delegation endlich "grünes Licht" zur Gründung "ihres" Staates. Doch in Moskau angekommen, mußten die deutschen Gäste - übrigens nicht zum ersten Mal - erleben, daß sie wenig mehr als Bauern auf dem Schachbrett der Stalinschen Europapolitik waren. Nicht genug damit, daß der Generalissismus die Delegation überhaupt nicht empfing, er ließ sie auch tagelang in der Regierungsdatsche Kunzewo bei Moskau warten. Denn anders als für die SED-Führung war die Oststaatssgründung für Stalin keineswegs ein Grund zur Freude. Schließlich war die sowjetische Deutschlandpolitik seit Mitte der vierziger Jahre darauf ausgerichtet, dauerhafte militärische Sicherheit vor Deutschland zu erlangen, Reparationslieferungen aus den westlichen Industrierevieren zu erhalten und zu verhindern, daß das deutsche Potential ganz oder überwiegend in die Hände der Westmächte fiel. Was die politische Ordnung Deutschlands anging, zeigte sich die Sowjetunion durchaus realistisch. Das Minimalziel war ein neutrales, der Sowjetunion nicht feindlich gesonnenes Deutschland, mit einer bürgerlichen Demokratie, in der die Kommunisten an der Macht beteiligt sein mußten. Dies hätte die Voraussetzung dafür geboten, um schließlich in absehbarer Zeit doch noch das Maximalziel zu verwirklichen, das 1945 außerhalb der Reichweite war: Die Installierung des eigenen Systems in Deutschland.
Vier Jahre nach dem hart erkämpften Sieg über das "Dritte Reich" befand sich die Sowjetunion statt dessen in einem neuen - wenn auch noch kalten - Krieg. Den Konflikt mit den einstigen Verbündeten hatte die geschwächte UdSSR nicht gewünscht, dessen Eskalation jedoch wesentlich mitzuverantworten. Mit der Weststaatsgründung im Herbst 1949 standen die sowjetischen Deutschlandpolitiker vor einem Scherbenhaufen. Die Frontlinie des Kalten Krieges zog sich mitten durch Deutschland und ließ das Gespenst eines neuerlichen Schlagabtauschs mit dem alten Gegner wiederauferstehen, der diesmal - so die Angst - auf seiten der Atommacht Amerika ins Feld ziehen würde. Angesichts dieser düsteren Perspektive verfolgten die Sowjets zwei widersprüchliche deutschlandpolitische Optionen. Einerseits hoffte der Kreml weiterhin, die Westmächte irgendwie doch noch dazu zu bringen, Deutschland als Pufferstaat zu neutralisieren. Andererseits schien es die eigene militärische Sicherheit Ende der vierziger Jahre zu verlangen, zumindest den Teil Deutschlands zum Bollwerk gegen den Westen auszubauen, dessen man 1945 habhaft geworden war. Mit der bei Kriegsende gehegten Absicht, in der eigenen Besatzungszone ein Modell für ganz Deutschland zu etablieren, war die Sowjetunion 1949 jedenfalls gründlich gescheitert. Ihre Besatzungspolitik trug nicht nur zur Entstehung des Kalten Krieges mit bei, sondern hatte die Sowjets auch bei der Mehrheit der Bevölkerung in Ost- wie in Westdeutschland gründlich diskreditiert. Dabei waren es nicht einmal so sehr die seit Sommer 1945 unter dem Leitsatz der "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" durchgeführten strukturverändernden Maßnahmen in der ostdeutschen Wirtschaft und Gesellschaft, die den größten Widerspruch hervorriefen. Dazu zählten die Bodenreform, die Enteignungen in der Industrie sowie Reformen im Bildungswesen, mochten sie auch später die Grundlage für das kommunistische Herrschaftssystem bilden. Vielmehr war es der Besatzungsalltag östlich der Elbe, die das dort propagierte Modell beim größten Teil der Bevölkerung frühzeitig in Verruf brachte: Die erzwungene Vereinigung von KPD und SPD zur SED, deren Protektion durch die Besatzungsmacht, die mit einer rücksichtslosen Indienstnahme der Partei für die eigenen Interessen einherging, die nichtendenwollenden Demontagen, der immer stärker werdende Druck auf die politische Opposition, die zahllosen Übergriffe der Besatzungsmacht, die Verhaftungsaktionen der sowjetischen Geheimdienste, später die Berlin-Blockade und der zunehmende Gleichschaltungsdruck in der Gesellschaft mündeten schließlich 1948 in der offenen Sowjetisierung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Der offensichtliche Widerspruch zwischen dem politischen Wollen und dem politischen Handeln der Sowjets hatte vielerlei Ursachen. Zum einen war Deutschland nur ein - wenn auch wesentlicher - Schauplatz im Kalten Krieg, der die einstigen Verbündeten zu unerbittlichen Feinden werden ließ. Die Blockkonfrontation konnte Deutschland nicht unberührt lassen. Zum anderen resultierte der Widerspruch aus Fehleinschätzungen und Fehlwahrnehmungen der sowjetischen Besatzungsmacht. Moskau überschätzte nicht nur den Stellenwert, den die Frage der staatlichen Einheit im Bewußtsein der deutschen Bevölkerung hatte. Bis in die fünfziger Jahre hinein glaubte der Kreml, daß die Aussicht auf die Wiedervereinigung die westdeutsche Bevölkerung so manche politische Kröte schlucken ließe. Weiterhin machte man sich lange Zeit über die Schlagkraft der westdeutschen Kommunisten und die Zugkraft der eigenen Ideologie Illusionen. Beide - so war man fest überzeugt - hätten sich in Westdeutschland lediglich aufgrund der Repressionen der westlichen Besatzungsmächte nicht entfalten können. So wurden die Verantwortlichen in Moskau zum Teil Opfer ihres eigenen Wunschdenkens. Andererseits konnte die Besatzungsmacht nicht verstehen, wieso die politische Realität in der SBZ vielen als undemokratisch galt. Schließlich hatte man in dieser Hinsicht - gemessen am eigenen Staatswesen - in Ostdeutschland geradezu unvorstellbare Zugeständnisse gemacht. Und offenbar liegt hierin ein Schlüssel zum Verständnis für die ostdeutsche Nachkriegsentwicklung verborgen: Aufgewachsen in einer Diktatur, sozialisiert zur Zeit des politischen Terrors in der Sowjetunion der dreißiger Jahre und von der Richtigkeit der eigenen politischen Dogmen überzeugt, verfolgten und beförderten die meisten Besatzungsoffiziere - ob bewußt oder unbewußt - immer eine Politik, die dem eigenen Denken am nächsten kam. Darin wurden sie bald von jenen Kräften in der SED bestärkt, die erkannt hatten, daß eine Einigung der Siegermächte in der deutschen Frage beinahe zwangsläufig mit dem eigenen Machtverlust einhergehen würde. Spätestens seit dem Jahreswechsel 1947/48 galt für die SED-Strategen ein Leitsatz, der auch im Westen Deutschlands die Politik bestimmen sollte: Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze Deutschland halb. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Weststaatsbildung in großer Übereinstimmung mit der betroffenen Bevölkerung erfolgte. Im Osten war dies nicht der Fall.
Demokratischer Neuanfang 1945?
Vier Jahre vor der Moskaureise der SED-Delegation im September 1949 war die skizzierte Entwicklung keineswegs vorhersehbar gewesen. Als die deutsche Wehrmacht am 8./9. Mai 1945 bedingungslos kapitulierte, half der Sieg der Anti-Hitler-Koalition zunächst, die Spannungen zu verwischen, die aus den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen des kapitalistischen Westens und der sozialistischen Sowjetunion erwachsen sollten. Der Krieg hatte fast 55 Millionen Menschen das Leben gekostet. Durch Europa zog sich eine Spur der Verwüstung. Deutschland glich einem Trümmerfeld. Sechs Millionen Deutsche waren an der Front, bei Luftangriffen, auf der Flucht oder in den Konzentrationslagern getötet worden. Die Zukunft war ungewiß. Das Land war in vier Besatzungszonen aufgeteilt. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) nahm am 9. Juni 1945 die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) ihre Arbeit auf.
Im Potsdamer Abkommen vom August 1945 bekundeten die Siegermächte USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion ihre Absicht, die oberste Regierungsgewalt bei allen "Deutschland als ein ganzes betreffenden Angelegenheiten" gemeinsam auszuüben. Klare Aussagen zur staatlichen Zukunft des Landes trafen sie indes nicht. Gesamtdeutsche Fragen waren Sache des Alliierten Kontrollrats. Doch der sollte bald vom zunehmenden Ost-West-Gegensatz gelähmt werden. Für die deutsche Nachkriegsentwicklung erwies sich deshalb der Grundsatz als bedeutsam, daß die Ausübung der obersten Gewalt in den Besatzungszonen in den Händen der dortigen Oberbefehlshaber lag. Diese begannen früh damit, ihr eigenes System auf den von ihnen besetzten Teil zu übertragen.
Zunächst schien ausgerechnet die sowjetische Besatzungszone zum Motor eines demokratischen Neuanfangs in Deutschland zu werden. Bereits fünf Wochen nach der Kapitulation gestattete die SMAD mit ihrem Befehl Nr. 2 vom 10. Juni die Gründung von Parteien und Gewerkschaften in ihrem Hoheitsgebiet. Innerhalb weniger Wochen formierten sich die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die Christlich-Demokratische Union (CDU) sowie die Liberal-Demokratische Partei (LDP). Die Kommunisten verzichteten in ihrem Gründungsaufruf vom 11. Juni auf jegliche revolutionäre Rhetorik. Ohne den Begriff "Sozialismus" überhaupt zu verwenden, forderten sie die "Vollendung" der vom Bürgertum getragenen Revolution von 1848. Sie bekannten sich zu "allen Rechten und Freiheiten für das Volk" und traten für die "völlig ungehinderte Entfaltung des freien Handels und der privaten Unternehmerinitiative" ein. Die Einführung des Sowjetsystems schloß die Partei zum damaligen Zeitpunkt ausdrücklich aus.
Anders als die taktierende KPD sprachen sich die Sozialdemokraten in ihrem Gründungsdokument klar für "Demokratie in Staat und Gemeinde und Sozialismus in Wirtschaft und Gesellschaft" aus. Die CDU wurde zur Sammlungspartei des protestantisch-konservativen Lagers. Sie proklamierte eine christlich-soziale und demokratische Politik und befürwortete die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien sowie der Bodenschätze, ohne das Privateigentum jedoch prinzipiell in Frage zu stellen. Die LDP knüpfte an die liberalen parteipolitischen Strömungen Weimars an. Aufgrund ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer sozialistischen Politik fand sie schnell Rückhalt in der Bevölkerung. Mitte Juli bildeten die Parteien die "Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien". Der Parteienblock - von dem später die Bezeichnung Blockparteien abgeleitet wurde - sollte nach dem Prinzip der Einstimmigkeit eine gemeinsame Politik abstimmen. Angesichts der drängenden Gegenwartsprobleme sowie der verhängnisvollen Zerstrittenheit der demokratischen Kräfte vor 1933, zu denen die KPD damals allerdings kaum gezählt werden konnte, erschien eine Zusammenarbeit vielen folgerichtig.
Die Startbedingungen der Parteien waren von Beginn an unterschiedlich. In den letzten Kriegstagen waren von der Sowjetarmee drei Gruppen deutscher Kommunisten nach Deutschland eingeflogen worden. Sie sollten die Besatzungsmacht bei der Wiederingangsetzung der Verwaltung und Versorgung unterstützen. Die KPD-Parteispitze und mit ihr tausende deutsche Kommunisten hatten im sowjetischen Exil auf ihren Einsatz nach Kriegsende gewartet. Wolfgang Leonhard, das jüngste Mitglied der "Gruppe Ulbricht", berichtete später: "Wir sollten in Berlin die Bezirksverwaltungen aufbauen und dazu die geeigneten Antifaschisten auswählen". Dabei hatte die Direktive Walter Ulbrichts gegolten: "Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand halten." Auf diese Weise gelang es den Kommunisten, wichtige Schlüsselstellungen innerhalb der Verwaltung mit ihren Leuten zu besetzen. Hinzu kam, daß die Besatzungsmacht die KPD auch materiell - etwa mit Papier für Zeitungen und Flugblätter etc. - bevorzugte.
Wichtig für das Verständnis der damaligen Zeit ist der Umstand, daß die Erinnerung an das Versagen der bürgerlichen Mitte und des Konservativismus vor 1933 europaweit zu einem Linksruck und zu einem starken Einheitsdrang innerhalb der Arbeiterbewegung geführt hatte. Nicht zuletzt der Labour-Wahlsieg in Großbritannien mochte bei vielen politisch interessierten Deutschen im Sommer 1945 dazu geführt haben, daß ihnen eine wie auch immer geartete sozialistische Alternative für den Wiederaufbau Deutschlands unausweichlich und richtig erschien.
Innerhalb der Mitgliedschaft von SPD und KPD war der Drang im Sommer 1945 groß, die schmerzlich empfundene Spaltung der Arbeiterbewegung zu überwinden. Viele erklärten sich damit den Sieg der Nationalsozialisten im Jahre 1933. Doch die KPD-Führung lehnte ein entsprechendes Angebot der SPD Ende Juni 1945 ab. Die aus dem Moskauer Exil heimgekehrten Parteiführer wollten zunächst die eigene Partei wieder aufbauen und an der neuen Generallinie ausrichten. Außerdem hofften sie, die Sozialdemokratie, die sie für diskreditiert erachteten, beerben zu können. Man vereinbarte jedoch eine enge Zusammenarbeit.
Im September ergriffen KPD und SPD unterstützt von der SMAD die Initiative zur ersten tiefgreifenden Umstrukturierung der Gesellschaftsordnung: Durch eine Bodenreform wurden Großbauern, die über 100 ha Boden besaßen, sowie das Land von ehemals führenden Nationalsozialisten entschädigungslos enteignet. Die Notwendigkeit einer Bodenreform wurde durchaus auch innerhalb der bürgerlichen Parteien gesehen. Dort stieß jedoch das "wie" auf heftige Kritik. Vor allem innerhalb der CDU forderte man eine Entschädigung. Auf Druck der SMAD mußten deshalb der CDU-Parteivorsitzende Andreas Hermes und sein Stellvertreter Walter Schreiber ihre Ämter im Dezember 1945 niederlegen. Ihre Nachfolge traten Jakob Kaiser und Ernst Lemmer an.
Im Oktober brachte man die Schulreform mit dem Ziel auf den Weg, alte Bildungsprivilegien zu überwinden. Nach einem Volksentscheid im Juni 1946 wurden in Sachsen die bereits im Herbst 1945 von der SMAD beschlagnahmten Betriebe von "Kriegs- und Naziverbrechern" entschädigungslos enteignet. Unter der Losung "Enteignung der Kriegsverbrecher" erfolgte bis 1948 in der SBZ die Verstaatlichung von fast 10.000 Unternehmen. All dies bereitete den Boden für die spätere Planwirtschaft.
Einheitsdrang - Einheitszwang
Im Herbst 1945 bahnte sich eine grundlegende Veränderung im Parteiensystem an. Seit September trat die KPD-Führung für eine rasche Vereinigung der beiden Arbeiterparteien ein, die sie noch wenige Monate zuvor brüsk abgelehnt hatte. Zwar war es den Kommunisten in der Zwischenzeit gelungen, ihren Parteiapparat auszubauen, sie mußten jedoch feststellen, daß sie nicht über den erwarteten Rückhalt innerhalb der Bevölkerung verfügten. Zudem hatte die SPD mit zunehmendem Selbstbewußtsein einen politischen Führungsanspruch formuliert.
Die Sozialdemokraten reagierten uneinheitlich auf die KPD-Initiative. Stand die Parteiführung um Grotewohl dem Einheitsdrängen in den letzten Wochen des Jahres 1945 immer ablehnender gegenüber, befürworteten zahlreiche Sozialdemokraten an der Basis sowie nicht wenige "Landesfürsten" ein Zusammengehen mit den Kommunisten. Hatten sie nicht Seite an Seite mit den kommunistischen Genossen gegen Hitler gekämpft und in den Konzentrationslagern gelitten? Das Bekenntnis der KPD zur Demokratie schien frühere Gegensätze verwischt zu haben. Viele Sozialdemokraten glaubten, daß sie aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit und ihrem Ansehen innerhalb der Bevölkerung in der gemeinsamen Partei den Ton angeben würden. Mitte Dezember 1945 war noch nichts entschieden. Immer häufiger gingen in der Berliner Parteizentrale Berichte ein, daß Einheitsgegner von der Besatzungsmacht unter Druck gesetzt und einige sogar verhaftet wurden. Kurt Schumacher, der damals führende SPD-Politiker in den Westzonen, lehnte eine Verschmelzung der Parteien kategorisch ab.
Wenige Tage vor dem ersten Friedensweihnachtsfest gab die SPD-Führung dem massiven Druck von SMAD und KPD sowie einheitswilligen Parteiverbänden auf Bezirks- und Landesebene nach. Mit der These vom "besonderen deutschen" und "demokratischen" Weg zum Sozialismus war die KPD den Sozialdemokraten ideologisch entgegengekommen. Nur in der Viermächtestadt Berlin gelang es, in der SPD eine Mitgliederbefragung über die Verschmelzung durchzusetzen. Dabei sprachen sich 82 Prozent der Teilnehmer gegen eine sofortige Verschmelzung mit der KPD aus.
Am 21. und 22. April 1946 beschlossen 507 Delegierte der KPD und 548 der SPD auf dem "Vereinigungsparteitag" im Berliner Admirals-Palast die Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der SED. Noch schien der Weg der SED zur späteren stalinistischen Staatspartei nicht zwingend vorgezeichnet. Zentrale Funktionen waren in der neuen Partei mit ehemaligen Kommunisten und Sozialdemokraten paritätisch besetzt. In der Mitgliedschaft hatten die Sozialdemokraten sogar ein leichtes Übergewicht. Doch dem einheitlichen Auftreten und dem von den Sowjets unterstützten Vormachtanspruch der Kommunisten konnten die Sozialdemokraten in der gemeinsamen Partei bald nur noch wenig entgegensetzen.
Während die Akteure auf der politischen Bühne um den richtigen Weg stritten, machte sich im Alltag der Menschen endlich wieder ein Stück Normalität breit. Die schlimmsten Versorgungsmängel wurden nach und nach überwunden, die Wahlen im Herbst 1946 als ein weiterer Schritt in Richtung Demokratie gedeutet. In Mecklenburg, Thüringen und Sachsen errang die SED gemeinsam mit den Stimmen der von ihr kontrollierten "Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe" eine knappe Mehrheit in den Landesparlamenten. Dagegen erzielten CDU und LDP in Brandenburg und Sachsen-Anhalt ein hauchdünnes Übergewicht. Doch die Hoffnung, die Parteien würden im demokratischen Meinungsstreit auf ein einheitliches, demokratisches Deutschland hinarbeiten, sollte sich als trügerisch erweisen.
Zwang und Repression gehörten seit Kriegsende zur politischen Realität, die in der Öffentlichkeit jedoch nicht diskutiert werden konnte. Unmittelbar nach Kriegsende hatte die sowjetische Siegermacht in ihrer Besatzungszone zehn sogenannte "Speziallager" errichtet, in denen nationalsozialistische Kriegsverbrecher und deren Handlanger interniert werden sollten. Inzwischen veröffentlichte sowjetische Archivdokumente belegen, daß in den Lagern bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1950 122.671 Deutsche einsaßen. Nach offiziellen Angaben verstarben 42.889 Personen während der Haft. Die Verhaftungen erfolgten zunehmend willkürlich. Von den Internierten waren die wenigsten NS-Verbrecher, da diese in der Regel abgeurteilt und in Gefängnisse in Deutschland oder in die Sowjetunion verbracht wurden. So kam es, daß sich die Lager zunächst mit zahlreichen Opfern von Denunziationen und Jugendlichen unter Werwolfverdacht füllten. Mehr und mehr fanden sich aber auch oppositionelle Sozialdemokraten, Anhänger der bürgerlichen Parteien und sogar Kommunisten, die nicht bereit gewesen waren, sich der Parteilinie unterzuordnen, hinter Stacheldraht wieder.
Der Weg in die Zweistaatlichkeit
Auf den Außenministerkonferenzen in Moskau (März/April 1947) und London (November/Dezember 1947) konnten sich die Siegermächte nicht mehr auf eine gemeinsame Deutschlandpolitik einigen. Die Weichen für eine Teilung Deutschlands wurden gestellt. In der Ostzone hatten die Bildung von Zentralverwaltungen, die Vereinheitlichung der Polizei etc. Voraussetzungen für eine Sonderentwicklung geschaffen. Ähnliches geschah in den Westzonen. Die Amerikaner riefen mit dem Marshall-Plan ein wirtschaftliches Aufbauprogramm für Europa ins Leben, von dem auch Westdeutschland profitieren konnte, und schlossen ihre Zone mit der britischen zur Bizone zusammen. Deutsch-deutsche Einigungsbemühungen wie die Münchener Ministerpräsidentenkonferenz im Mai 1947, scheiterten. Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen den einstigen Verbündeten begann die Sowjetunion 1947 die Formierung des Ostblocks voranzutreiben. 1948, als Titos Jugoslawien Stalin den Gehorsam verweigerte, sollte der Sowjetisierungsdruck, dem sich die osteuropäischen Staaten ausgesetzt sahen, noch steigen.
Diese Entwicklungen spiegelten sich in der Verschärfung des politischen Klimas in der SBZ wider. Im Herbst 1947 rief die SED die "Volkskongreßbewegung" ins Leben. In allen Besatzungszonen gedachte man, Delegierte zu einem "Deutschen Volkskongreß" wählen zu lassen, der die Position der Sowjets auf der Londoner Außenministerkonferenz propagandistisch unterstützen sollte. Nachdem die Westmächte das allzu leicht durchschaubare Propagandaspektakel untersagten, beschränkte sich die Kampagne auf die SBZ. Dort diente sie dazu, die CDU und die LDP, die bis dahin versucht hatten, eigene Politikangebote zu entwickeln, dem einheitssozialistischen Kurs unterzuordnen. Die Frage der Beteiligung am "Volkskongreß" wurde zur Nagelprobe für die Bereitschaft, eine "antifaschistisch-demokratische" Politik zu vertreten, wie es die SED für sich reklamierte. Als der CDU-Vorsitzende Jakob Kaiser und sein Stellvertreter Ernst Lemmer die Teilnahme ablehnten, wurden sie Mitte Dezember 1947 auf massiven Druck der SMAD ihrer Ämter enthoben.
Dies war der Höhepunkt des Transformationsprozesses, den alle Parteien in der SBZ zwischen 1945 und 1952 durchliefen und in dessen Verlauf die "Blockparteien" CDU und LDP schließlich jegliche Eigenständigkeit verloren. Dazu trug insbesondere die von der SMAD initiierte und von der SED organisierte Gründung der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) im Frühjahr 1948 bei. Diese hätten im Falle einer Verweigerungshaltung von CDU und LDP gegenüber der SED-Politik als "bürgerliche" Parteien den Anschein eines Parteienpluralismus aufrecht erhalten. Anfang der fünfziger Jahre erkannten alle Parteien den Führungsanspruch der SED auch formell in ihrem Statut an. Gleiches galt für die von der SED kontrollierten "Massenorganisationen". Dazu zählten u.a. der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), die Freie Deutsche Jugend (FDJ) sowie der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD). Kennzeichnend für diese Organisationen war, daß sie, 1945/46 formal überparteilich gegründet, innerhalb weniger Jahre völlig den SED-Interessen untergeordnet wurden und schließlich bis zum Ende der DDR als Transmissionsriemen die Politik der SED in ihrer jeweiligen Zielgruppe vertreten sollten.
Aber auch die SED unterlag 1948/49 einem Wandlungsprozeß: Nach dem Vorbild der KPdSU wurde sie zur stalinistischen "Partei neuen Typus" umgeformt. Damit einher ging die Bekämpfung der in Teilen der Parteimitgliedschaft noch vertretenen sozialdemokratischen Auffassungen sowie die Rücknahme der These vom "besonderen deutschen Weg" zum Sozialismus.
Als sich die internationale Lage 1948 zuspitzte, gewann der Kalte Krieg weiter an Schärfe und vertiefte den Riß, der sich quer durch Deutschland zog. Eine getrennte Währungsreform zunächst in West-, dann in Ostdeutschland beschleunigte die Auseinanderentwicklung. Die westlichen Siegermächte wie auch die sowjetischen Besatzungsorgane in Ostdeutschland bereiteten - mehr oder weniger offen - die Gründung zweier Separatstaaten vor, die in den jeweiligen Herrschaftsbereich eingebunden werden sollten. Die Verkündigung des Bonner Grundgesetzes im Mai 1949, die Bundestagswahlen im August und die Wahl Konrad Adenauers zum ersten Bundeskanzler schufen eindeutige Fakten. Eine Verständigung zwischen den unterschiedlichen Systemen schien zu diesem Zeitpunkt kaum mehr möglich.
Die Gründung des "Arbeiter-und-Bauern-Staates"
Vor dem Hintergrund dieser stürmischen Entwicklung übermittelte der sowjetische Staats- und Parteichef am 27. September 1949 der in Moskau wartenden SED-Delegation seine Zustimmung zur DDR-Gründung. Zehn Tage hatten Pieck, Grotewohl und Ulbricht auf die erlösende Nachricht warten müssen. Sie eilten nach Berlin zurück. Jetzt ging alles sehr schnell. Von der Dynamik der Ereignisse überrollt, ließen sich die Vorsitzenden der Blockparteien CDU und LDP nicht nur die Zustimmung zur DDR-Gründung abringen, sondern auch zur Verschiebung der Volkskammerwahlen auf das Jahr 1950. Zugesicherte Minister- und Staatssekretärsposten erleichterten den widerstrebenden Politikern ihre Entscheidung.
Unter Ausschluß der Öffentlichkeit zeigte sich das wahre Demokratieverständnis der SED-Führung. Als der SED-Parteivorstand Anfang Oktober zusammentrat, um die Gründungsvorbereitungen für den ersten "Arbeiter-Bauern-Staat" abzusegnen, tönte der Parteipropagandist Gerhart Eisler: "...wenn wir eine Regierung gründen, geben wir sie niemals wieder auf, weder durch Wahlen noch andere Methoden". "Das haben einige noch nicht verstanden", lautete Ulbrichts spontaner Kommentar dazu.
Am 7. Oktober war es schließlich soweit: Der Volksrat, ein pseudoparlamentarisches Gremium, das aus dem im Mai 1949 auf der Grundlage von Einheitslisten gewählten III. Volkskongreß hervorgegangen war, erklärte sich zur "Provisorischen Volkskammer". Vier Tage später wählte das selbsternannte Parlament Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten und Wilhelm Pieck zum Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik. Am Abend des 11. Oktober ließ der FDJ-Vorsitzende Erich Honecker 200.000 FDJler mit Fackeln an der Staats- und Parteiführung vorbeidefilieren. Namens der "deutschen Jugend" gelobte der Siebenunddreißigjährige der DDR "Treue, weil in ihr die Selbstbestimmung des deutschen Volkes zum erstenmal im ganzen Umfang hergestellt sein wird".
Die DDR in den fünfziger Jahren
Das formal weiterbestehende Mehrparteiensystem in der DDR konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die SED, beauftragt und kontrolliert von ihrer sowjetischen Schutzmacht, zur allein bestimmenden Kraft in der DDR wurde. Die Strukturen in Gesellschaft und Wirtschaft wurden immer mehr dem sowjetischen Modell angeglichen. Der III. Parteitag der SED im Juli 1950 wählte Walter Ulbricht zum Generalsekretär. Kurze Zeit später begann auf allen Ebenen eine weitreichende Parteisäuberung, der auch hohe Parteifunktionäre zum Opfer fielen. Ein Jahr nach Gründung der DDR hatte die SED ihre Position so weit gefestigt und die Bevölkerung eingeschüchtert, daß die "Wahlen" zur Volkskammer bei einer Beteiligung von 98 Prozent 99,7 Prozent "Zustimmung" für die Einheitsliste erbrachten. Mit der Aufnahme der DDR in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im September 1950 und dem Beginn des ersten Fünfjahrplans im Januar 1951 wurde die Ostintegration der DDR vorangetrieben.
Und dennoch stand die Entwicklung in der DDR nach wie vor unter dem Vorbehalt einer - wenn auch immer unwahrscheinlicher erscheinenden - Einigung der einstigen Alliierten. Stalin, der die Gründung der DDR im Herbst 1949 in einem Grußtelegramm als "Wendepunkt in der Geschichte Europas" bezeichnet hatte, da "die Existenz eines friedliebenden demokratischen Deutschland neben dem Bestehen der friedliebenden Sowjetunion die Möglichkeit neuer Kriege in Europa" ausschließen würde, hatte seine deutschlandpolitischen Ziele der Nachkriegszeit noch nicht zu den Akten gelegt. Als zum Jahreswechsel 1951/52 die militärische Integration der Bundesrepublik in die westliche Allianz vorbereitet wurde, leitete die Sowjetunion Mitte Februar 1952 eine neue deutschlandpolitische Initiative ein. Am 10. März forderte Moskau die Westmächte zum wiederholten Male auf, die "schleunigste Bildung" einer gesamtdeutschen Regierung einzuleiten. Die als Stalin-Note in die Geschichte eingegangene Initiative sah ein neutralisiertes Deutschland mit eigenen Streitkräften in den Grenzen von 1945 vor, aus dem sich die Siegermächte ein Jahr nach Abschluß des Friedensvertrages zurückziehen sollten. Die ablehnende Reaktion der Westmächte verdeutlichte zwei Wochen später, daß die Westintegration der Bundesrepublik nicht mehr aufzuhalten war. Vor diesem Hintergrund verordnete Stalin den in Moskau weilenden SED-Führern Pieck, Grotewohl und Ulbricht Anfang April einen abrupten Kurswechsel. Jetzt galt es, die Sicherheitsbelange der Sowjetunion am Status quo auszurichten. "Volksarmee schaffen - ohne Geschrei. Pazifistische Periode ist vorbei" und "Demarkationslinie gefährliche Grenze", notierte sich Wilhelm Pieck nach den Gesprächen mit Stalin am 1. und am 7. April, der eine umfassende militärische Aufrüstung der DDR angeordnet hatte. Auch sollte die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft durch die "Schaffung von Produktiv-Genossenschaften im Dorfe" vorangetrieben werden. Allerdings: "Niemand zwingen. Nicht schreien Kolchosen - Sozialismus. Tatsachen schaffen", mahnte der sowjetische Parteichef, der die SED-Führer einige Jahre zuvor schon einmal mit den ungestümen "Teutonen" verglichen hatte. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, gleichzeitig eine härtere innenpolitische Gangart in der DDR zu verlangen: "Prozesse durchführen", "kein Pazifismus" notierte sich Pieck und das Versprechen, "Erfüllt Euch mit Kampfgeist, wir werden Euch helfen".
Klassenkampf "von oben"
Im Juli 1952 war es schließlich soweit. Auf der 2. SED-Parteikonferenz proklamierte Walter Ulbricht den "Aufbau des Sozialismus" in der DDR. Er rief den Teilnehmern der Konferenz zu: "Wir werden siegen, weil der große Stalin uns führt". Die Delegierten erklärten den "Sturz der Bonner Regierung" zur Voraussetzung für die deutsche Einheit. Etwaigen Widerspruch in der Gesellschaft wollte man mit einer "Verschärfung des Klassenkampfes" begegnen. Um den "feindlichen Widerstand zu brechen und die feindlichen Agenten unschädlich zu machen", forderte die SED entsprechend der sowjetischen Weisungen dazu auf, "die Heimat und das Werk des sozialistischen Aufbaus durch die Organisierung bewaffneter Streitkräfte zu schützen". Die Abriegelung der innerdeutschen Grenze und die Auflösung der fünf Länder zugunsten von 14 Verwaltungsbezirken - letzteres kam der zentralistischen SED-Politik entgegen - stellten weitere Etappen bei der Umformung der DDR nach sowjetischem Vorbild dar. Darüber hinaus beschloß die Parteikonferenz nicht nur die Gründung Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG), sondern auch von "Produktionsgenossenschaften des Handwerks".
Die Beschlüsse der II. Parteikonferenz hatten dem über der SED schwebenden Damoklesschwert einer plötzlichen deutschlandpolitischen Übereinkunft Moskaus mit den Westmächten viel von seiner Bedrohung genommen. Doch der Preis, den die Berliner Partei- und Staatsführung für die weitere Integration ihres Protektorats in den Ostblock zahlen mußte, war hoch. Die Kosten für den ostdeutschen Militärbeitrag zum sowjetischen Sicherheitssystem und der damit einhergehende forcierte Ausbau der Schwerindustrie sollten den jungen Teilstaat binnen Jahresfrist politisch und wirtschaftlich vor die Zerreißprobe stellen.
Mittels der Steuer- und Abgabenschraube versuchte die Parteiführung, nicht nur ihren enormen Finanzbedarf aus dem Mittelstand zu pressen, sondern diesen auch in die Genossenschaften zu drängen. Trotz der halbherzigen Mahnung, "Überspitzungen" bei der Kollektivierung der Landwirtschaft zu vermeiden, tobte im Herbst 1952 auf dem Lande der "Klassenkampf". Wer von den Groß- und Mittelbauern das festgesetzte "Soll" unterschritt, sah sich rasch als "Schieber" oder "Spekulant" kriminalisiert. Bis Ende Januar 1953 wurden gegen mehr als 1.200 Bauern Strafverfahren angestrengt. Auch bei dem Versuch, das private Handwerk zum Beitritt in die Produktionsgenossenschaften zu bewegen, setzte die SED mehr auf das Wirtschaftsstrafrecht als auf Überzeugungsarbeit. Ab Oktober 1952 sorgte das "Gesetz zum Schutz des Volkseigentums" selbst bei kleinsten Diebstählen für drakonische Strafen. Zwischen Juli 1952 und Mai 1953 verdoppelte sich die Zahl der Gefängnisinsassen auf über 66.000. Doch der "Klassenkampf" der SED beschränkte sich nicht allein auf den wirtschaftlichen Bereich. Nachdem zum Jahreswechsel 1952/53 Schauprozesse gegen Funktionäre der Blockparteien für Aufsehen gesorgt hatten, ging die SED Anfang 1953 zum offenen Terror gegen die kirchliche Jugendarbeit über.
Seit Sommer 1952 war die SED-Politik zu einem kalten Krieg gegen die gesamte Bevölkerung eskaliert. Längst regte sich auch in der Arbeiterschaft der Unmut gegen die in ihrem Namen ausgeübte Herrschaft. Mit Einsparungen und Plädoyers zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität allein ließen sich der zusätzliche Finanzbedarf ebensowenig decken wie durch die immer drückendere Steuer- und Abgabelasten für den Mittelstand. So setzte die SED-Führung in ihrer Not zunehmend auf Preissteigerungen, strich Subventionen und erhöhte die Akkordsätze. Gleichzeitig verschlechterte sich die Versorgungslage stetig. In der Bevölkerung gärte es.
Trotz des flächendeckenden Informationsapparates der Partei und des 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit verkannte die SED die Situation völlig. Noch Ende Mai erhöhte sie die Arbeitsnormen in der Industrie und im Bauwesen. Es bedurfte der Anweisung der sowjetischen "Bruderpartei", um den forcierten Aufbau des Sozialismus in der DDR zu stoppen. Obwohl in der Parteispitze der KPdSU nach Stalins Tod im März 1953 ein Machtkampf entbrannt war, bewies man dort genügend Weitsicht, um den verhängnisvollen Charakter der SED-Politik zu erkennen. Als die Partei am 9. Juni auf Anweisung der sowjetischen Besatzungsmacht einen "Neuen Kurs" verkündete und "eine Reihe von Fehlern" eingestand, ohne jedoch die Normenerhöhung zurückzunehmen, brachte sie das Faß zum Überlaufen.
Der 17. Juni 1953 erschüttert das politische System
Mit derlei halbherzigen Schritten ließ sich die aufgebrachte Bevölkerung nicht mehr beruhigen. Am 16. Juni legten die Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee ihre Arbeit nieder und zogen in einem Protestmarsch durch die Ost-Berliner Innenstadt. Wer nach einem Auslöser für das große Ereignis unter dem sommerlichen Gewitterhimmel Berlins sucht, der findet ihn wahrscheinlich in jener ominösen 'Dampferfahrt', die in vielen Quellen genannt, deren konkreter Ablauf jedoch erst nach Öffnung der ostdeutschen Archive rekonstruiert werden konnte.
Am Samstag, dem 13. Juni, verwandelte sich ein geselliger Betriebsausflug von fünf- bis sechshundert Arbeitern und Angestellten der Baustelle des Krankenhauses Friedrichshain in der Gaststätte "Rübezahl" am Müggelsee in eine hochpolitische Streikversammlung. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich am Montag die Nachricht von dem zwei Tage zuvor ausgerufenen Streik auf der Krankenhausbaustelle. Als Volkspolizisten am Morgen des 16. Juni das Krankenhaus umstellten, legten auch die Bauarbeiter der Stalinallee die Arbeit nieder. Ein Beteiligter erinnert sich: "Die Situation unserer Kollegen wurde kurz bekanntgegeben. Innerhalb ganz kurzer Zeit kamen die Kollegen, in Arbeitskleidung, so wie wir waren, in Holzpantinen und nur mit Hemd usw. bekleidet, zusammen. Dann haben wir uns formiert zu einem Zug von etwa 300 bis 500 Leuten und sind auf der Straße zum Krankenhaus marschiert." In den folgenden Tagen kam es in über 250 Städten zu Streiks und Demonstrationen. Rasch gesellten sich zu den ökonomischen Forderungen der Ruf nach Demokratie, Einheit und freien Wahlen. Die Partei- und Staatsführung erwies sich als ohnmächtig. Die sowjetische Besatzungsmacht mußte Panzer schicken und im ganzen Land den Ausnahmezustand verhängen, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Für die SED-Führung ein Schock: "Es war doch ein Stoß in die Herzgegend - mit welcher Liebe haben wir die Partei aufgebaut - zu erkennen, daß uns Teile der Partei im Stich ließen, daß uns die Jugend im Stich ließ! Das tut doch weh. (...) Was ist denn mit der höchsten Instanz unserer Partei hier los? Wir sitzen da, als hätten wir uns in die Hosen gemacht." Vier Tage nach dem Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 faßte der damals 74jährige, einstige Sozialdemokrat Otto Buchwitz, der nur noch repräsentative Funktionen innehatte, die Stimmung in der SED-Führung zusammen. Die Statthalter Moskaus fürchteten die Rache des Volkes, aber auch die Abrechnung der eigenen Parteibasis. Kein anderes Ereignis in der Geschichte der DDR hat die von der SED gehegte Mär vom Arbeiter- und Bauernstaat deutlicher entlarvt als die Rebellion der Arbeiter in jenen Junitagen. Der spontane und ohne Führung ausgebrochene Widerstand konnte in den folgenden Wochen zwar gebrochen werden, doch dauerten die Unruhen noch bis in den Juli hinein an. In der Zeit nach dem 17. Juni wurden zwischen 8.000 und 10.000 Bürger festgenommen. Mindestens fünfzig Menschen hatten ihr Leben verloren. Bis 1989 versuchte die SED in der politischen Propaganda und Geschichtsschreibung, den Aufstand als von außen gelenkte "faschistische Provokation" zu denunzieren. Doch schon im Dezember 1953 mußte der Leiter der Staatssicherheit, Ernst Wollweber, vor der Parteiführung einräumen, "daß es uns bis jetzt nicht gelungen ist, nach dem Auftrag des Politbüros die Hintermänner und die Organisatoren des Putsches vom 17. Juni festzustellen".
Der "Neue Kurs"
In den Monaten nach dem 17. Juni 1953 verfolgte die SED-Führung eine doppelte Strategie. Einerseits erfolgte die Abrechnung mit Funktionären, die während des Aufstandes politisch "geschwankt" hatten. Dabei gelang es Ulbricht, seine ärgsten Widersacher, darunter den Staatssicherheitsminister Wilhelm Zaisser sowie den Chefredakteur des "Neuen Deutschland" Rudolf Herrnstadt, zu entmachten. Andererseits bemühte sich die Staats- und Parteiführung, die Bevölkerung durch die Verbesserung der Lebensverhältnisse zu beruhigen. In seinem Buch "Durch die Erde ein Riß" erinnert sich der Schriftsteller Erich Loest: "Täglich wurden Verordnungen und Bestimmungen bekanntgegeben: Rückkehr zu den Normen des 1. April, Erhöhung der Mindestrente von 65 auf 75 Mark, der Witwenrente von 55 auf 65 Mark. Die Anrechnung der Kuren auf den Urlaub wurde aufgehoben. [...] Verstärkter Wohnungsbau, mehr Reparaturen an Wohnungen, 30 Millionen zusätzlich für sanitäre Einrichtungen in Volkseigenen Betrieben, 40 Millionen zusätzlich für Feierabendheime und Kindergärten! Was als wichtige, längst fällige Verbesserung empfunden wurde: Die täglichen Stromabschaltungen in den Haushalten sollten aufgehoben werden. [...] Der Benzinpreis fiel von 3,00 Mark auf 1,80 Mark. [...] Lebensmitteltransporte aus der Sowjetunion rollten an, dreitausend Waggons in einer Woche, beladen mit Butter, Schmalz, Speiseöl und Fischkonserven, die SU versprach für das Jahr 1953 fast eine Million Tonnen Getreide." Dennoch gab sich die Parteiführung offenbar nicht der Hoffnung hin, mit diesen Maßnahmen das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen zu können. Fieberhaft begann sie mit dem Ausbau des Spitzelsystems der Staatssicherheit, um solche Unruhen in Zukunft frühzeitig unterdrücken zu können. Auch ihren Führungsanspruch schränkte die SED in keiner Weise ein.
Daß die Beruhigung der Bevölkerung allenfalls in Ansätzen gelang, belegen die Flüchtlingszahlen. 1954 verließen 184.000 und 1955 252.000 Menschen für immer die DDR. Im Vergleich zu den 331.000 Bürgern, die der DDR im Krisenjahr 1953 den Rücken kehrten, stellte dies allerdings einen spürbaren Rückgang dar.
Im Sommer 1955 zerstreuten die Sowjets die Befürchtungen der SED-Spitze, die Schutzmacht könnte die Existenz der DDR für ein wie auch immer geartetes neutrales Deutschland opfern. Auf einer Kundgebung verkündete der Erste Sekretär der KPdSU, Nikita Chruschtschow, die "Zwei-Staaten-Theorie", nach der eine Wiedervereinigung Deutschlands nur unter Wahrung der "sozialistischen Errungenschaften" der DDR erfolgen könnte. Der "Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR" vom September gleichen Jahres garantierte der DDR formal die volle Souveränität. Im Januar 1956 trat die DDR dem Warschauer Pakt bei.
Zehn Jahre nach Kriegsende war der östliche Teil Deutschlands fest in den kommunistischen Machtbereich integriert. Dem Bürger, der die SED-Politik ablehnte, blieb nur die Anpassung an die Verhältnisse oder die Übersiedlung in den Westen, einen Weg den jährlich zehntausende wählten. Angesichts der Präsenz sowjetischer Truppen schien eine Wende zum Besseren auf absehbare Zeit wenig wahrscheinlich.
Kurzes Tauwetter 1956
Doch der Eindruck, daß Walter Ulbricht im Auftrage Moskaus unangefochten an der Spitze einer einheitlichen, alles beherrschenden Partei das Schicksal der DDR bestimmte, erwies sich als trügerisch. Als die Flüchtlingszahlen 1955 wieder deutlich anstiegen, reifte innerhalb der SED-Führung die Einsicht, daß mit der bloßen Intensivierung überkommener Propagandaformen der Abwanderung kein Einhalt zu gebieten war. Es war die Zeit des politischen "Tauwetters", das damals im gesamten Ostblock Hoffnungen auf umfassende Reformen weckte. Der XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 löste nicht nur in der Sowjetunion heftige Reaktionen aus. Die Enthüllungen Chruschtschows über die Verbrechen Stalins stürzten die gesamte kommunistische Bewegung in eine Krise. Eilfertig erklärten jene SED-Funktionäre, die bereits zu Weimars Zeiten dem "großen Stalin" gehuldigt hatten: "Was die Würdigung Stalins anbelangt, so müssen wir unsere bisherigen Anschauungen einer Revision unterziehen... In den letzten fünfzehn Jahren seiner leitenden Arbeit sind Fehler und Irrtümer in seinem Wirken aufgetreten, durch die der Sache des Sozialismus Schaden entstanden ist." Dies mag insbesondere in den Ohren jener bitter geklungen haben, die in den dreißiger Jahren in die Mühlen des Stalinschen Terrors geraten waren. Tausende Genossen, die im "Vaterland der Werktätigen" Schutz vor den Verfolgungen des Nationalsozialismus gesucht hatten, verschwanden damals in sowjetischen Lagern. Die wenigen, die das Gulag überlebt hatten und oft erst nach Jahren nach Deutschland zurückkehren durften, waren in der DDR zum Schweigen verpflichtet worden.
Bis Oktober 1956 erfolgte die Entlassung von insgesamt rund 21.000 Häftlingen. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Männer und Frauen, die in den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren in tatsächlicher oder vermeintlicher Opposition zur Politik der SED gestanden hatten. Zugleich wurde ein Teil der innerparteilichen Gegner Ulbrichts rehabilitiert, die zu Beginn der fünfziger Jahre sowie nach dem 17. Juni 1953 entmachtet und zum Teil aus der Partei ausgeschlossen worden waren. Ehemalige Spitzenfunktionäre wie Anton Ackermann, Franz Dahlem, Elli Schmidt oder Hans Jendretzky sollten ihren alten Einfluß jedoch nicht wieder zurückerlangen.
Die Kritik an der stalinistischen Herrschaftspraxis der SED wurde immer lauter und richtete sich bald auch gegen deren führenden Repräsentanten, Walter Ulbricht. Während der größte Teil der Bevölkerung der Entwicklung weitgehend unbeteiligt gegenüberstand, gärte es in der Partei und unter den Intellektuellen. Vor allem jene Teile der jungen Generation, die Mitte der fünfziger Jahre an den Hochschulen und Universitäten studierten und die die humanistischen Ideale des Sozialismus ernst nahmen, litten unter dem Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der DDR. Sie suchten einen "dritten Weg" zwischen dem Kapitalismus der Bundesrepublik und dem stalinistischen Sozialismus der DDR. Um den Parteiphilosophen Wolfgang Harich und den Leiter des Aufbau-Verlages, Walter Janka, formierte sich eine Oppositionsgruppe, die in ihrer programmatischen "Plattform" klarstellte: "Wir wollen auf den Positionen des Marxismus-Leninismus bleiben. Wir wollen aber weg vom Stalinismus." Die Harich-Gruppe forderte die Wiederherstellung der Meinungsfreiheit, Rechtssicherheit, die Abschaffung der politischen Geheimpolizei und innerparteiliche Demokratie. Die "sozialistische" Demokratisierung der DDR sollte die Grundlage für die Wiedervereinigung schaffen, für die Harich in geheimen Gesprächen die westdeutsche SPD gewinnen wollte.
Nach dem Aufstand in Ungarn im Herbst 1956, der nur durch den Einmarsch der Sowjetarmee niedergeschlagen werden konnte, gewann Ulbricht wieder Auftrieb. Die Destabilisierungstendenzen im Ostblock führten zu einem jähen Ende des "Tauwetters". Mit der Verhaftung Wolfgang Harichs und Walter Jankas sowie weiterer Mitstreiter, die zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt wurden, signalisierte Ulbricht, daß er Diskussionen über "dritte Wege" nicht dulden würde. Vor der Parteiöffentlichkeit verborgen, setzten sich die Auseinandersetzungen innerhalb der Parteispitze noch bis 1958 fort. Im Frühjahr 1958 gelang es Ulbricht, seine schärfsten Kritiker und Konkurrenten in der Parteiführung, darunter das Politbüromitglied Karl Schirdewan und den Staatssicherheitsminister Ernst Wollweber, zu entmachten.
Ein letzter Schritt zum Sozialismus?
Auf dem V. Parteitag der SED (Juli 1958) war die Position Ulbrichts unangefochten. Die Delegierten beschlossen die "Vollendung" des sozialistischen Aufbaus. Bis 1961 sollte die DDR die Bundesrepublik wirtschaftlich ein- und schließlich überholen. 1958/59 erfolgte eine für die Bevölkerung spürbare Konsolidierung der DDR-Wirtschaft. Erholungs- und Ferienheime der Gewerkschaft, Kulturhäuser, Kinderhorte und Polikliniken wurden als "Errungenschaften" des Systems angenommen. Der Ausbau der Konsumgüterindustrie zeitigte erste Erfolge. Die letzten Lebensmittelkarten wurden endlich abgeschafft. Der Lebensstandard der Bevölkerung stieg. Viele Menschen begannen, sich mit dem System zu arrangieren, das vor allem Arbeitern bisher ungekannte Aufstiegschancen bot. Die Flüchtlingszahlen sanken 1959 mit 143.917 auf den tiefsten Stand seit 1949. Die Parteiführer fühlten sich auch durch die internationale Lage in ihrem Selbstvertrauen gestärkt. Die Sowjetunion hatte 1957 mit dem "Sputnik" den ersten künstlichen Satelliten in den Weltraum gebracht und damit nicht nur ihren Vorsprung in der Raketentechnik demonstriert, sondern auch zu verstehen gegeben, daß sich nun auch das amerikanische Festland in der Reichweite östlicher Atomwaffen befand. Schließlich glaubte man sich auch durch die Bewältigung einer neuerlichen Berlin-Krise aufgewertet. Zwar war der Vorstoß der Sowjetunion im November 1958 gescheitert, den Abzug der Westmächte aus Westberlin zu erzwingen; Moskau hatte ultimativ die Umwandlung Westberlins in eine "freie und entmilitarisierte Stadt" gefordert. Doch an der Krisensitzung der Außenminister der Großmächte in Genf nahmen erstmals auch Delegationen der DDR und der Bundesrepublik beratend teil. Demgegenüber war die sozialistische Umgestaltung der Wirtschaft und Gesellschaft seit dem Juni Schock des Jahres 1953 ins Stocken geraten. Das Arrangement vieler Menschen mit dem Staat als Zustimmung fehldeutend, glaubte die Parteiführung, den Transformationsprozeß im Jahre Zehn der DDR abschließen zu können. Wenn es gelang, die letzten Reste der "kapitalistischen Basis" in der DDR zu beseitigen, würde sich die sozialistische Idee endlich auch im "Überbau", also im Denken und Handeln der Bevölkerung, durchsetzen. So kündigte die SED den zerbrechlichen "Burgfrieden" zwischen Partei und Bevölkerung auf. Bauern wurden wieder zum "freiwilligen" Eintritt in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genötigt, widerstrebende Hofbesitzer von der Staatssicherheit verhaftet. In den Städten und Gemeinden wurden zahlreiche Handwerker in Produktionsgenossenschaften gepreßt. Der Anteil des privaten Handwerks am handwerklichen Gesamtprodukt sank von 93 Prozent im Jahre 1958 auf 65 Prozent 1961.
Gleichzeitig gelang es Ulbricht aber, seine Position weiter auszubauen. Nach dem Tode Wilhelm Piecks im September 1960 übernahm er den Vorsitz des neugeschaffenen Staatsrates. Als Generalsekretär der SED und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates vereinte er damit alle entscheidenden Funktionen der DDR in seiner Person.
Die DDR am Abgrund
Der Preis, den die SED für die vermeintlich letzte große Etappe der "sozialistischen Umgestaltung" bezahlen mußte, war hoch. Die Versorgungsschwierigkeiten, die aus der überstürzten Kollektivierung der Landwirtschaft erwuchsen, und der verschärfte politische Kurs der SED, ließen den Strom der Bürger, die ihrem Staat für immer den Rücken kehrten, zu einer neuerlichen Massenflucht anwachsen. Die DDR brauchte eine Atempause, eine ökonomische Konsolidierung und gesellschaftliche Befriedung, sonst drohte der Kollaps.
In großen Teilen der DDR-Bevölkerung verstärkte sich im Frühsommer 1961 die Überzeugung, daß die SED und ihre Schutzmacht Sowjetunion etwas unternehmen würden, um das Ausbluten ihres westlichen Vorpostens zu verhindern. Immer neue Gerüchte über das "Wie" kursierten, und viele Bürger wurden nach einer internationalen Pressekonferenz mit Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 hellhörig. Auf die Frage einer Journalistin der Frankfurter Rundschau, ob die DDR plane, eine "Staatsgrenze am Brandenburger Tor" zu errichten, hatte dieser geantwortet: "Ich verstehe ihre Frage so, daß es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, daß eine solche Absicht besteht. [...] Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Im Juli stieg die Zahl der Flüchtlinge auf 30.415, in den ersten beiden Wochen des Monats August gar auf 47.433 an.
Doch für die meisten ging das Leben weiter wie bisher. Zu viele Krisen hatte man in Berlin bereits er- und überlebt. Und so widmete man sich dem Sommerschlußverkauf oder besuchte den auf dem Marx-Engels-Platz gastierenden Zirkus Busch. West-Berliner Kulturbeflissene freuten sich auf die "Hochzeit des Figaro", auf "La Traviata" oder "Madame Butterfly", die von der Deutschen Staatsoper nach der Spielpause für Ende August angekündigt worden waren. Ost-Berliner konnten im Westteil der Stadt mit DDR-Geld Westzeitungen bzw. -Zeitschriften kaufen sowie die Theater und Kinos besuchen. In der Nacht zum 13. August feierte das DDR-Fernsehen mit einer Sendung aus dem "Rafena-Werk" in Radeberg den "millionsten" Fernsehapparat, der in der DDR hergestellt worden war. Doch eben in dieser Nacht, im zwölften Jahr der DDR, sollte sich alles schlagartig ändern.
Konsolidierung im Schatten der Mauer:
Die sechziger Jahre
Das Unvorstellbare geschah in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961. Um 2 Uhr morgens gingen bei der West-Berliner Polizei die ersten Meldungen über die Absperrung des Ostteils der Stadt ein. Passanten und Anwohner hatten beobachtet, wie Pioniereinheiten im Schutz schwerbewaffneter Volkspolizisten und NVA-Soldaten damit begannen, die Straßen zu den Westsektoren mit Stacheldraht und Spanischen Reitern abzuriegeln. Eine Viertelstunde später riß der Lärm von Preßlufthämmern die Anwohner der Friedrich-Ebert-Straße aus ihrem Schlaf. SED-Betriebskampfgruppen errichteten Barrikaden aus Asphaltstücken und Pflastersteinen. Um halb drei wurde die West-Berliner Polizei in Alarmzustand versetzt. Eine Stunde später rollten Panzer durch den Ostteil der Stadt. Sie bezogen an zentralen Punkten, Unter den Linden, am Alexanderplatz und an der Oberbaumbrücke, Stellung. Immer enger wurde der Absperrungsring um West-Berlin. Noch gelang es einzelnen Flüchtlingen, die Grenzbefestigungen an unübersichtlichen Stellen zu durchbrechen. Einige durchschwammen kurz entschlossen Kanäle und Gewässer. Fassungslos strömten die Berliner in den Morgenstunden zu tausenden an die inzwischen hermetisch abgeschlossene Grenze, wo sie sich, getrennt durch Stacheldraht und schwerbewaffnete Volkspolizei, hilflos gegenüberstanden. In den folgenden Tagen ersetzten Bautrupps die provisorischen Befestigungen durch eine feste Mauer. Die DDR war abgeriegelt, die Spaltung Deutschlands nun auch "architektonisch" vollzogen. Die Westmächte reagierten verhalten. Die von US-Präsident Kennedy am 25. Juli formulierten wesentlichen Punkte der amerikanischen Berlin-Politik - die Anwesenheit der westlichen Truppen und der freie Zugang nach Berlin - waren von den Ereignissen des 13. August nicht angetastet worden.
"Wer nicht gegen uns ist, ist für uns"
Der Mauerbau stellte einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der DDR dar. Zum Verbleib in der DDR gezwungen, mußten sich die Menschen mehr denn je mit dem System arrangieren. Zum Jahreswechsel 1961/62 versachlichte sich das Verhältnis zwischen Partei und Bevölkerung. Die Schikanen lokaler Parteifunktionäre gegenüber "Bummelanten" und "Staatsfeinden" unmittelbar nach dem Mauerbau ebbten ab. Die zweite Welle der Entstalinisierung, die vom XXII. Parteitag der KPdSU im Oktober 1961 ausging, wirkte sich auch auf das innenpolitische und kulturelle Klima in der DDR aus. Die Einheitspartei versuchte, ihre Herrschaftsmethoden an die Erfordernisse einer immer komplexer werdenden Industriegesellschaft anzupassen. Die Bevölkerung sollte politisch neutralisiert werden. Der Spruch "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" kehrte sich um. Mit der Einführung des "Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung" nach dem VI. Parteitag der SED Anfang 1963 sollte das Wirtschaftssystem modernisiert und dessen Effizienz erhöht werden. Die Staatspartei bemühte sich um ein neues Verhältnis zu den Frauen; sie sollten "beim Aufbau des Sozialismus mehr als bisher zur Geltung kommen". Ziel der Jugendpolitik sei es nicht, so betonten die Verantwortlichen, "spießbürgerliche Musterknaben" zu erziehen. Die FDJ versuchte, ihr "muffiges" Image abzulegen. Der FDJ-Vorsitzende Horst Schumann tanzte in aller Öffentlichkeit den bis dahin verbotenen Modetanz Twist. Kritische junge Lyriker und Liedermacher wie Wolf Biermann, Heinz Kahlau oder Armin Müller lasen und sangen vor überfüllten Sälen. Die Losung "Die Republik braucht alle, alle brauchen die Republik" hob sich wohltuend von der Atmosphäre der klassenkämpferischen fünfziger Jahre ab.
Im Januar 1962 führte die DDR die allgemeine Wehrpflicht für die 1956 gegründete Volksarmee ein. Andererseits erkannte sie 1964 als erster Staat des Ostblocks die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen an. Nach dem Tod des SED-Mitbegründers Otto Grotewohl im Jahre 1964 übernahm Willi Stoph das Amt des Ministerpräsidenten. Im Februar 1965 erfolgte eine weitere Reform des Bildungswesens. Vorschulerziehung, zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule, Ingenieur- und Fachschulen sowie Angebote zur Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen sollten allen Bürgern das Recht auf Bildung garantieren.
Ende 1965 fand der Reformkurs im Bereich der Kultur ein jähes Ende. In den Augen der "Falken" in der SED-Führung hatte die in dem nun liberaleren Klima laut gewordene Kritik an den bestehenden Verhältnissen die Grenze des Erträglichen überschritten. Auf dem 11. ZK-Plenum im Dezember 1965 kritisierte die SED "schädliche Tendenzen" in Filmen und Fernsehsendungen, in Theatern und der Literatur. Gleichzeitig nahm man die Reformen im Wirtschaftssystem zurück und ordnete die DDR-Volkswirtschaft wieder verstärkt den Erfordernissen der Sowjetunion unter. Die erneute Ideologisierung und der damit verbundene kulturelle Kahlschlag lähmten das intellektuelle Leben. Die SED belegte Künstler mit Auftrittsverboten und zensierte kritische Filme und Bücher.
Nach einer "Volksaussprache" und einem darauf folgenden "Volksentscheid" trat 1968 eine neue Verfassung in Kraft, diese war im Gegensatz zu der bis dahin gültigen von 1949 stärker an die politische Realität angepaßt. So erhielt in Artikel 1 der Führungsanspruch der SED Verfassungsrang. Trotz proklamierter Gewissens- und Glaubensfreiheit oder der "Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens" war die DDR von rechtsstaatlichen Grundsätzen weit entfernt. Es blieb die SED-Führung, die den Rahmen der persönlichen Freiheit und der Grundrechte absteckte und nach Bedarf erweiterte oder einschränkte.
Wenn es der SED-Führung bis Mitte der sechziger Jahre gelungen war, bei größeren Teilen der Bevölkerung - wenn auch kritische - Zustimmung zu erzielen, so hatte sie dieses Kapital am Ende des Jahrzehnts wieder verspielt. Als am 21. August 1968 Truppen des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei einmarschierten, walzten die sowjetischen Panzer nicht nur den von Alexander Dubcek propagierten "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" nieder. Überall im Ostblock hatten sich die Blicke derjenigen erwartungsvoll nach Prag gerichtet, die einen modernen Sozialismus auch für ihr Land erträumten. Die moralische Wirkung der Invasion war verheerend. Fassungslos standen vor allem junge Menschen - und dabei längst nicht nur Intellektuelle und Studierende - in der DDR vor den Trümmern ihrer Hoffnungen und Ideale. Tausende junge Armeeangehörige in allen Teilen der Deutschen Demokratischen Republik bekamen in jenen Tagen ihren Marschbefehl. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg stand eine deutsche Armee kampfbereit an den Grenzen eines benachbarten Staates.
Die Ära Honecker: Die 70er Jahre
Ende April 1971, die Vorbereitungen zu den alljährlichen Maifeierlichkeiten liefen auf Hochtouren, bereitete sich das Politbüromitglied Werner Lamberz in Berlin auf eine geheime Mission vor. An einem frühen Nachmittag, das genaue Datum ist nicht überliefert, wurde der zweiundvierzigjährige Honeckervertraute von Juri Bassistow, einem ranghohen Mitarbeiter der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, vom Sitz des Zentralkomitees am Werderschen Markt abgeholt. Selbst die engsten Mitarbeiter von Lamberz sowie sein Personenschutz vom MfS gingen davon aus, daß der Spitzenfunktionär einen Vortrag vor sowjetischen Militärs halten sollte. Im Hauptquartier der sowjetischen Streitkräfte in Wünsdorf angekommen, wurde dem begleitenden Staatsicherheitsoffizier bedeutet, daß seine Anwesenheit nicht mehr nötig sei, da die Weiterreise in den Raum Magdeburg in einem sowjetischen Militärfahrzeug erfolgen würde. Tatsächlich hatte Lamberz ein ganz anderes Ziel, von dem nur eine Handvoll sowjetischer und deutscher Spitzenfunktionäre wissen durften. In großer Eile fuhr Bassistow mit Lamberz zum nur wenige Kilometer entfernten Militärflughafen Sperenberg, wo der Politbürokrat in eine abflugbereite sowjetische Militärmaschine stieg. Auch die Piloten wußten nicht, wer ihr einziger Passagier war, wohl aber das Ziel: Moskau. Bereits am folgenden Tag kehrte ein sichtlich gut gelaunter Lamberz aus der sowjetischen Hauptstadt zurück, um sogleich seinen Vertrauten in der Parteiführung Bericht zu erstatten.
Die Absetzung Ulbrichts
Mehr als zwei Jahrzehnte sollten vergehen, bis die Nachricht von diesem Blitzbesuch die Vorgänge um ein Ereignis weiter erhellen konnte, welches am 3. Mai 1971 eine Ära beendete. Am Nachmittag diesen Tages, es war ein Montag, wurde im Fernsehen und Rundfunk der DDR ein kurzes Kommuniqué des Zentralkomitees verlesen, das mit den Worten begann: "Das Zentralkomitee der SED beschloß einstimmig, der Bitte des Genossen Walter Ulbrichts zu entsprechen und ihn aus Altersgründen von der Funktion des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees zu entbinden, um diese Funktion in jüngere Hände zu geben." In "Ehrung seiner Verdienste" habe das ZK Ulbricht zum Vorsitzenden der SED gewählt. Ein Treppenwitz der Geschichte: Erst im Moment seiner - wie sich bald herausstellen sollte - völligen Entmachtung rückte Ulbricht formal an die Spitze der Partei, die er seit den dreißiger Jahren in unterschiedlichen Positionen maßgeblich beherrscht hatte.
Westliche Beobachter vermuteten sogleich, daß der plötzliche "Rücktritt" Walter Ulbrichts mit seiner seit den sechziger Jahren starrsinnigen Betonung eines national geprägten Sozialismus gegenüber der Sowjetunion zusammenhing. Die Akten im SED-Parteiarchiv bestätigen dies. Schon 1964, kurz nach dem Sturz Nikita Chruschtschows, hatte Ulbrichts selbstherrliche Art das Mißfallen des neuen ersten Mannes in der Sowjetunion, Leonid Breschnew, erregt. In einem persönlichen Gespräch mit Erich Honecker vertraute Breschnew diesem im Juli 1970 an: "Du weißt, damals 1964 Datsche (Döllnsee) - er stellt einfach meine Delegation auf die Seite (Tichonow etc.), preßt mich in ein kleines Zimmer und redet auf mich ein, was alles falsch ist bei uns und vorbildlich bei euch. Es war heiß. Ich habe geschwitzt. Er nahm keine Rücksicht. Ich merkte nur, er will mir Vorschriften machen, wie wir zu arbeiten, zu regieren haben, läßt mich gar nicht erst zu Wort kommen. Seine ganze Überheblichkeit kam dort zum Ausdruck, seine Mißachtung des Denkens, der Erfahrung anderer."
Die DDR hatte sich mittlerweile zur zweitstärksten Industriemacht im Ostblock entwickelt. Mit gestiegenem Selbstbewußtsein erhob Walter Ulbricht den Anspruch, dem Aufbau der DDR nach 1945 Modellcharakter für hochindustrialisierte sozialistische Staaten zuzuschreiben. Auch im Bereich der Ideologie betonte Ulbricht eine größere Eigenständigkeit gegenüber der Sowjetunion. Während er die sowjetische Entspannungspolitik in Mitteleuropa anfangs nur halbherzig unterstützte, traten während des Ostblockgipfels im Sommer 1970 in Moskau die unterschiedlichen Vorstellungen Ulbrichts und der sowjetischen Parteiführung in der deutschen Frage für die Verhandlungsteilnehmer deutlich zu Tage. Zwar galt für Ulbricht wie für Breschnew die formelle Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik als unabdingbar. Demgegenüber wollten die Sowjets den weitergehenden Plänen Ulbrichts nicht folgen. Dieser setzte auf den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem westlichen Nachbarn, der die DDR in die Lage versetzen sollte, an der Bonner Republik ökonomisch vorbeizuziehen, um so irgendwann die Einheit Deutschlands "auf der Grundlage von Demokratie und Sozialismus" wiederherzustellen. Für die Sowjets hatte sich diese Frage indes längst erledigt: "Deutschland gibt es nicht mehr. Das ist gut so. [...] Die Zukunft der DDR liegt in der sozialistischen Gemeinschaft", schrieb Breschnew seinen ostdeutschen Genossen ins Stammbuch. Zwei Jahre nach dem Einmarsch in Prag erinnerte er daran: "Wir haben unsere Truppen bei Ihnen. Das ist gut so und wird so bleiben." Dann stellte er unmißverständlich klar: "Es gibt, es kann und es darf zu keinem Prozeß der Annäherung zwischen der DDR und der BRD kommen."
Jetzt schlug die Stunde Erich Honeckers. Der wußte die prekäre ökonomische Situation, für die er die verfehlte Wirtschaftspolitik Ulbrichts verantwortlich machte, zur schrittweisen Demontage seines politischen Zieh-Vaters zu nutzen. Politische Beobachter waren seit längerem davon ausgegangen, daß Ulbricht den Saarländer durchaus als geeigneten Nachfolger betrachtete. Schrittweise hatte er ihm die Zuständigkeit für die Kaderarbeit, den Parteiapparat sowie die innere Sicherheit übertragen. Allerdings dürfte sich Ulbricht die Machtübergabe etwas anders vorgestellt haben. Honecker gelang es, die Mehrheit des Politbüros nach und nach auf seine Seite zu ziehen. Wieder und wieder denunzierten er und seine Vertrauten die politischen Ansichten des eigenen Parteichefs bei der östlichen Brudermacht. Mitte Januar 1971 entschlossen sich zehn der vierzehn Mitglieder und drei der sechs Kandidaten des SED-Politbüros, den "teuren Genossen" der sowjetischen Führung in einem Brief zu empfehlen, Ulbricht zum "freiwilligen" Rücktritt zu drängen.
Als Werner Lamberz Ende April 1971 das "grüne Licht" aus Moskau überbrachte, wußte der in innerparteilichen Machtfragen versierte Ulbricht aus jahrzehntelanger Parteierfahrung, daß weiterer Widerstand gegen die Entmachtung sinnlos war. Diszipliniert willigte der Parteisoldat schließlich in das vorbereitete Szenario ein.
Geliehener Wohlstand
Es begann die Ära Honecker. Auf dem VIII. Parteitag der SED im Juni 1971 erklärte der neue Erste Sekretär des ZK die "weitere Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes" zur "Hauptaufgabe" der SED. Der neue politische Kurs sah vor, die "Werktätigen" stärker als bisher an den Früchten ihrer Arbeit teilhaben zu lassen. Sozialmaßnahmen sollten die unteren Einkommensschichten sowie die Schwachen in der Gesellschaft, die Kranken und Alten, stärker berücksichtigen. Tatsächlich schien die DDR-Wirtschaft Anfang der siebziger Jahre einen Aufschwung zu verzeichnen. Der Lebensstandard wuchs, wenn auch in bescheidenem Rahmen. Allerdings setzte bald ein verhängnisvoller Schuldenkreislauf ein. Um die sozialpolitischen Leistungen (die "zweite Lohntüte" mit billigen Wohnungen und kostenloser medizinischer Versorgung, Kindergeld, Renten usw.) zu finanzieren, mußten Kredite im westlichen Ausland aufgenommen werden. Die Zinsen wurden zunehmend mit neuen Krediten bezahlt. Honeckers Wirtschafts- und Sozialpolitik hatte von Beginn an ihre Tücken. Allerdings verschaffte sie der Staats- und Parteiführung zunächst ein bis dahin nicht erreichtes Maß an erwartungsvoller Zustimmung. Es wurden vorsichtige Schritte in Richtung einer stärkeren Einbindung des Bürgers in lokale Entscheidungsprozesse gemacht. Die SED gab es auf, die Jugend in jedem Bereich zu reglementieren. Fragen der Mode oder der Musik sollten nicht mehr in das Korsett der "Fortschrittlichkeit" gepreßt werden. Honeckers Arbeitsstil war von größerer Sachlichkeit geprägt. Mit seiner beiläufigen Bemerkung im Jahre 1973, die westlichen Medien könne "bei uns jeder nach Belieben ein- oder ausschalten", akzeptierte die SED den vorher erbittert bekämpften Empfang westdeutscher TV- und Radiosender. All dies bedeutete jedoch nicht, daß die SED ihren Vormachtanspruch in allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen in irgendeiner Form einschränkte. Und dennoch machte sich in der DDR der frühen siebziger Jahre so etwas wie Aufbruchstimmung breit. Dazu trugen auch die schrittweisen Verbesserungen in den deutsch-deutschen Beziehungen seit 1971 bei.
Deutsch-deutsche Annäherung
Als sich nach der Bildung der "Großen Koalition" im Jahre 1966 ein Wandel in der Bonner Deutschland- und Osteuropapolitik abzeichnete, reagierte die SED auf die Entspannungspolitik des westlichen Nachbarn mit einer schroffen Kehrtwende. Hatte sie bis dahin im Bewußtsein der ablehnenden Haltung der Bundesrepublik unentwegt die Losung "Deutsche an einen Tisch" propagiert, betonte sie nun das Trennende zwischen den beiden deutschen Staaten. "Leserbriefe" im "Neuen Deutschland" versicherten, daß "eine Vereinigung zwischen unserem sozialistischen Vaterland und der vom Monopolkapitalismus beherrschten Bundesrepublik unmöglich" sei. In der Bevölkerung sollten keine Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten geweckt werden. Vor Grenztruppen betonte Honecker Anfang 1972: "Unsere Republik und die BRD verhalten sich zueinander wie jeder von ihnen zu einem anderen dritten Staat. Die BRD ist somit Ausland, und noch mehr: Sie ist imperialistisches Ausland." Zahlreiche Organisationen und Institutionen mußten die Begriffe "Deutschland" und "deutsch" aus ihren Namen tilgen. Die Deutsche Akademie der Wissenschaften nannte sich fortan Akademie der Wissenschaften der DDR, der Deutschlandsender hieß nun Stimme der DDR. Eine Verfassungsänderung im Jahre 1974 wandelte den Artikel 1 Satz 1 der Verfassung von 1968, "Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat deutscher Nation" in "Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern" ab. In Artikel 6 erklärte die DDR, fortan "für immer und unwiderruflich mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verbündet" zu sein.
Eine solche Abgrenzung schien der SED-Führung damals dringend geboten. Um jeden Preis mußte vermieden werden, daß die zu Beginn der siebziger Jahre einsetzenden deutsch-deutschen Vertragsverhandlungen in Moskau oder im eigenen Lande als Ouvertüre für ein engeres Zusammenrücken der ungleichen Nachbarn mißverstanden werden konnten. Am Anfang stand das im Dezember 1971 unterzeichnete Transitabkommen mit der Bundesrepublik. Im Frühjahr 1972 folgte der Verkehrsvertrag. Im Juni 1972 begannen die Verhandlungen über den Grundlagenvertrag zwischen den beiden deutschen Staaten. Ziel der DDR war es, darin ihre völkerrechtliche Anerkennung durch die Bundesrepublik festzuschreiben. Dies lehnte die Bundesrepublik strikt ab. Allerdings erklärten die beiden Vertragspartner in dem im Dezember 1972 unterzeichneten Papier, sie gingen "von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt. Sie respektieren die Unabhängigkeit und Selbständigkeit jedes der beiden Staaten in seinen inneren und äußeren Angelegenheiten." Für die Bundesrepublik bedeutete dies jedoch ausdrücklich weder den Verzicht auf die im Grundgesetz geforderte Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands noch wurde die Frage der Staatsangehörigkeit geklärt.
Der Grundlagenvertrag markierte auch das Ende der westdeutschen "Hallstein-Doktrin". Sie hatte seit 1955 den Staaten, die die DDR diplomatisch anerkannten, den Abbruch diplomatischer Beziehungen angedroht (so 1957 Jugoslawien). Bis 1978 erfolgte die völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch 123 Staaten.
Im September 1974 wurden die beiden Deutschlands in die Vereinten Nationen aufgenommen. Beide Staaten saßen als gleichberechtigte Staaten am Verhandlungstisch der "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) in Helsinki. Auf dem Höhepunkt des Verständigungsprozesses überreichten am 20. Juni 1974 die Leiter der Ständigen Vertretungen in Ost-Berlin und Bonn, Günter Gaus und Michael Kohl, ihre Beglaubigungsschreiben. Hannoversche Straße 30 lautete die Adresse der bundesdeutschen Vertretung in Ost-Berlin. Dort, wo die Friedrichstraße in die Chausseestraße übergeht, stellten sich Günter Gaus und seine Mitarbeiter in einem unauffälligen, fünfstöckigen Bau ihrer heiklen Aufgabe. Nur die Posten der Volkspolizei und das Schild mit dem Bundesadler wiesen den Passanten darauf hin, daß sich hier ein Stück Bundesrepublik im Herzen der Hauptstadt der DDR befand. Botschaft durfte sich dieser Ausdruck einer späten und schleppenden Normalisierung im geteilten Nachkriegsdeutschland nicht nennen. Dem stand die noch offene deutsche Frage entgegen, wie die Bundesrepublik Deutschland - in den Augen vieler Zeitgenossen wider alle Vernunft - immer wieder betonte. Die von konservativer Seite in Westdeutschland heftig attackierte faktische Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik, die dem ostdeutschen Teilstaat die von ihm angestrebte internationale Aufwertung brachte, wurde zur Grundlage für die westdeutsche Politik der kleinen Schritte. Diese sollte die Folgen der Spaltung lindern, die Lebensverhältnisse der in Ostdeutschland lebenden Menschen verbessern und so den Zusammenhalt der Nation festigen.
Der "Fall Biermann"
Trotz aller Fortschritte machte sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre in der DDR-Bevölkerung erneute Unzufriedenheit breit. Die internationale Ölkrise ließ den Lebensstandard stagnieren.. Die von Honecker zu Beginn des Jahrzehnts geweckten Hoffnungen hatten sich offenkundig nicht erfüllt. Doch die neuerliche Krise besaß nicht nur ökonomische Ursachen.
Am 16. November 1976 ging eine kurze Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur ADN über die Ticker von Presse, Rundfunk und Fernsehen, deren Sprengkraft wohl keiner der Verantwortlichen voraussehen konnte. Danach habe sich ein Wolf Biermann mit "seinem feindseligen Auftreten" gegenüber der DDR "den Boden für die weitere Gewährung der Staatsbürgerschaft entzogen". Die meisten Menschen in Ost und West wurden erst durch das Aufsehen, das die Ausbürgerung Biermanns erregte, auf den Liedermacher und Dichter aufmerksam, der am Tag zuvor seinen vierzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Tatsächlich war Biermann jedoch seit den sechziger Jahren zu einer Gallionsfigur der kritischen DDR-Intelligenz geworden. Wortgewaltig - und nicht selten mit ätzender Schärfe - geißelte er in seinen Liedern und Gedichten die Widersprüche zwischen der sozialistischen Idee und der DDR-Wirklichkeit. Bereits 1965 hatte die Staatsmacht ihren unbequemen Kritiker mit einem Auftrittsverbot belegt. Mundtot konnte sie den überzeugten Kommunisten, der 1953 von Hamburg in die DDR übergesiedelt war, damit nicht machen. Obwohl seine Schallplatten nur in der Bundesrepublik erscheinen konnten, waren Tonbandmitschnitte unter Intellektuellen und Studenten in der DDR weit verbreitet. 1973 entwarf die Staatssicherheit ein Szenario, Biermann unter dem Vorwurf der "staatsgefährdenden Hetze" den Prozeß zu machen. Als alternative Varianten schlug man vor, ihn gegen seinen Willen in die Bundesrepublik abzuschieben oder nach einem Besuch in Westdeutschland die Wiedereinreise in die DDR zu verweigern. Mitte November 1976 glaubten Honecker und Mielke, die Gunst der Stunde nutzen zu können. Am 13. des Monats hatte der Liedermacher auf Einladung der IG Metall in Köln ein Konzert gegeben. Trotz seines dabei vorgetragenen eindeutigen Bekenntnisses zur DDR wollte oder konnte das SED-Politbüro den Hohn und Spott des Barden nicht mehr länger ertragen. So ordneten sie Biermanns Ausbürgerung an, von der DDR-Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann erst aus der "Aktuellen Kamera", der Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, erfuhr.
Doch das Kalkül der Herrschenden, daß sich der Unmut der Beherrschten über diesen Schritt in Grenzen halten würde, sollte sich nicht erfüllen. Als das Westfernsehen nach Bekanntgabe der Ausbürgerung Biermanns Konzert ausstrahlte, konnte sich die DDR-Bevölkerung von der Absurdität der Vorwürfe überzeugen. In Ostberlin verfaßten zwölf namhafte Schriftsteller, darunter Stephan Hermlin, Christa Wolf, Volker Braun, Heiner Müller und Stephan Heym eine Protesterklärung, in der sie die Partei- und Staatsführung aufforderten, "die beschlossenen Maßnahmen zu überdenken". 93 weitere Künstler erklärten sich in jenen Novembertagen mit dem Aufruf solidarisch, die meisten von ihnen prominente und bis dahin durchaus loyale Künstler, Schauspieler (u.a. Manfred Krug, Angelica Domröse, Armin Mueller-Stahl), Sänger (u.a. Nina Hagen, Eva-Maria Hagen, Reinhard Lakomy) und viele weitere Schriftsteller (so etwa Günter de Bruyn, Jürgen Fuchs, Ulrich Plenzdorf). Aber auch manch namenloser DDR-Bürger, ohne jenen Schutz, den Prominenz verlieh, machte seinem Unmut in Flugblättern und nächtlichen Parolen an Häuserwänden Luft. Doch die Parteiführung hatte sich mit diesem Schritt längst verrannt. Mit Zuckerbrot und Peitsche wurde versucht, die Petitenten zur Rücknahme ihrer Unterschrift zu nötigen. Es hagelte Parteistrafen, Ausschlüsse aus der SED oder dem Schriftstellerverband, Publikationsverbote und weitere Schikanen aller Art.
Die Biermann-Ausbürgerung war weit mehr als nur ein neuerlicher kulturpolitischer Klimawechsel, von denen es in der DDR-Geschichte mehrere gab. Sie markierte einen Einschnitt, in dessen Folge große Teile der kritischen DDR-Intelligenz von der Idee Abschied nahmen, die DDR mit bzw. in der SED reformieren zu können. Nicht wenige hatten gerade in jenen Jahren ihre Hoffnungen auf den Eurokommunismus gesetzt, der eine Demokratisierung der kommunistisch regierten Staaten und größere Unabhängigkeit von Moskau möglich erscheinen ließ. Die starre Haltung der eigenen Staats- und Parteiführung ließ sie immer mehr resignieren. Viele Intellektuelle verabschiedeten sich nicht nur von den politischen Idealen ihrer Jugend sondern auch vom eigenen Staat: Jahr für Jahr stieg die Zahl der kritischen Menschen, die die DDR nach Westen verließen; die meisten für immer, einige wenige, vor allem Künstler und Schriftsteller, mit einem Paß, der die Rückkehr erlaubte. Während die SED-Führung die Bevölkerung mit Mauer, Stacheldraht und Selbstschußanlagen zum Bleiben zwang, schien sie den Exodus ihrer kulturellen Elite nicht selten zu fördern. Drei Jahrzehnte nach Gründung der DDR hatten sich Geist und Macht östlich der Elbe nur noch wenig zu sagen.
Doch die Mächtigen betrieben nicht nur eine intellektuelle Selbstentblößung. Seit den sechziger Jahren hatten viele Reformer bei aller Kritik an stalinistischen Strukturen ihre politische Heimat innerhalb der SED gesehen. Als die SED-Führung in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre unmißverständlich klarstellte, daß sie einen "Marsch durch die Institutionen" nicht dulden würde, drängte sie ihre Kritiker in eine grundsätzlichere Opposition. Diejenigen, die im Lande verblieben, entfernten sich weiter und weiter von der "führenden Partei". Angesichts der Rüstungsspirale in Ost und West und der zunehmend bedrohlicheren Umweltverschmutzung entstanden unter dem Dach der Kirche in den achtziger Jahren Umwelt- und Friedensgruppen, die zum Sammelbecken einer langsam aber stetig wachsenden Oppositionsbewegung wurden.
Die Parteiführung geriet jedoch nicht nur seitens der Intellektuellen unter Druck. Mit der internationalen Anerkennung, der schrittweisen Normalisierung im deutsch-deutschen Verhältnis und den vertraglichen Reiseregelungen ließ sich die mit dem Mauerbau angestrebte Abschottung der DDR-Bevölkerung vor "westlichen Einflüssen" weniger denn je aufrechterhalten. Zwischen 1969 und 1975 verdreifachte sich die Zahl der Bundesbürger, die in die DDR kamen. Während in den sechziger Jahren Westberliner kaum in die DDR oder in den Ostteil der Stadt reisen konnten, waren es 1975 über 3,5 Millionen. In umgekehrter Richtung fuhren dreißig Jahre nach Kriegsende außer den Rentnern rund 40.000 DDR-Bürger in dringenden Familienangelegenheiten nach Westen; ein Rinnsal nur und dennoch ein Fortschritt, gemessen an der Zeit nach dem Mauerbau. Die deutsch-deutschen Verhandlungen sollten nicht nur die Lebensverhältnisse in der DDR ein Stück weit verbessern, sondern stets auch - entgegen der Absicht der SED-Führung - die Besonderheit des deutsch-deutschen Verhältnisses und die Offenheit der deutschen Frage unterstreichen und so der Entfremdung zwischen den Landsleuten in Ost und West entgegenwirken.
Inzwischen nahmen immer mehr DDR-Bürger die von Erich Honecker 1975 unterzeichnete KSZE-Schlußakte von Helsinki beim Wort, in der sich die DDR-Führung zur Respektierung der Grundrechte verpflichtete, zu denen auch das Recht auf Freizügigkeit zählt. So stieg in den achtziger Jahren die Zahl derjenigen, die einen Ausreiseantrag in der DDR stellten kontinuierlich an. Waren es 1984 rund 32.000 Bürger, die auf eine Übersiedlung nach Westdeutschland warteten, sollten es 1988 über 110.000 sein. Daran konnten auch die zunehmenden Schikanen seitens der Partei und ihrer Staatssicherheit nichts ändern.
Das letzte Jahrzehnt
Drei Jahrzehnte nach Gründung der DDR stand die Staats- und Parteiführung vor einem unauflösbaren Dilemma. Kein anderes Ostblockland konnte mit einem vergleichbaren Lebensstandard aufwarten. Verfügte Mitte der siebziger Jahre erst jeder vierte Haushalt über einen PKW, war es 1979 bereits jeder dritte. Auch der Ausstattungsgrad mit hochwertigen Konsumgütern wie Fernsehapparate (90 %), Kühlschränken (fast 100%) oder Waschmaschinen (80%) konnte sich mit nicht wenigen westlichen Industriestaaten messen. Ein ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm linderte den Wohnungsnotstand. Die Einkommen und Renten stiegen. Der Staat investierte große Summen in das Gesundheitswesen und das Bildungssystem. Und dennoch wuchs der Unmut in der Bevölkerung. Anders als von der SED-Führung erwartet, sahen die Menschen keine Veranlassung, die "sozialen Errungenschaften" mit politischem Wohlverhalten und Loyalität zu danken. Auch der steigende Lebensstandard konnte die fehlende Demokratie und die staatliche Gängelung zwischen Oder und Elbe nicht vergessen machen. Außerdem hatten die vollmundigen Versprechungen der Wirtschaftspläne und das Westfernsehen längst noch höhere Erwartungen geweckt, die angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage einfach nicht zu verwirklichen waren. Allen Abgrenzungsbemühungen der Führung zum Trotz blieb die Bundesrepublik für die Mehrheit der Ostdeutschen die Beziehungsgesellschaft, mit der sie die eigenen Lebensverhältnisse verglichen. Da half es wenig, daß die DDR im osteuropäischen Vergleich in vielen Bereichen eine Spitzenstellung einnahm.
Die SED-Führung reagierte mit einem Zick-Zack-Kurs zwischen einer "harten" und einer "weichen" Politik. Wie in vorausgegangenen Krisensituationen (und ebenso vergeblich) versuchte sie, die eigene Partei und die ihr untergeordneten Massenorganisationen und Blockparteien organisatorisch zu festigen und in stärkerem Maß als bisher für die anstehenden Aufgaben zu mobilisieren. Gleichzeitig intensivierte sie die politische Propagandaarbeit. Hinzu kam der weitere Ausbau des Überwachungsstaates. Seit den späten sechziger Jahren hatte sich nicht nur der hauptamtliche Apparat der Staatssicherheit mit 91.000 Mitarbeitern nahezu verdoppelt. Auch die Zahl der Inoffiziellen Mitarbeiter war seit 1968 binnen sieben Jahren von 100.000 auf rund 180.000 angestiegen.
Andererseits unternahm die Parteiführung große Anstrengungen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Bis zuletzt sollte sie die Hoffnung nicht verlieren, die unzufriedene Bevölkerung mit einer Steigerung des Lebensstandards zumindest neutralisieren zu können. Doch die Investitionsprogramme im Bereich der Mikroelektronik oder die halbherzigen Wirtschaftsreformen im Plangefüge vermochten die Stagnation nicht zu überwinden. Weder in der Politik noch in der Wirtschaft war die SED bereit, ihre "führende Rolle" einzuschränken, um auf diese Weise Spielraum für kreative Energie, eigenständiges Denken und vor allem Handeln zu bieten.
So mag es in der historischen Rückschau zunächst befremdlich erscheinen, daß trotz dieser scheinbar so offensichtlichen Krisenerscheinungen das Handeln aller politischen Akteure innerhalb und außerhalb der DDR am Status quo, d.h. am Bestehenden, orientiert blieb. Dies galt zuvorderst für die SED, die mit ihren Parteitagen, ihren Aufmärschen und ihrer Propaganda Zuversicht demonstrierte und in den achtziger Jahren schließlich jeden sechsten Erwachsenen in ihren Reihen zählte. In den Wahlen zur Volkskammer und den Kommunalparlamenten erzielten die Einheitslisten die gewohnte 99prozentige Zustimmung. Die Bevölkerung war nach außen hin durch ein Netz von Massenorganisationen und Parteien in das System mit eingebunden.
SED-Staat und Kirche
Auch die einzige nicht gleichgeschaltete Institution in der DDR, die Kirche, richtete ihr Handeln am Status quo aus. Seit den siebziger Jahren hatte insbesondere die evangelische Kirche in Fragen der Friedenssicherung, der individuellen Menschenrechte und des Umweltschutzes den kritischen Dialog mit der SED begonnen. In den achtziger Jahren suchte und fand die sich formierende DDR-Bürgerrechtsbewegung unter dem Dach der Kirche Schutz. Die Kirchenleitungen sahen sich dabei mit Erwartungen konfrontiert, die eine ständige Überprüfung des eigenen Selbstverständnisses und Handlungsspielraumes abverlangten. "Kirche im Sozialismus" lautete seit 1971 die Ortsbestimmung des Protestantismus in der DDR: "In dieser so geprägten Gesellschaft, nicht neben ihr, nicht gegen sie", sollte kirchliches Handeln erfolgen.
An der Nahtstelle der Blöcke erwuchs der evangelischen Kirche eine Mittlerfunktion zwischen Ost und West, die eine ständige Gratwanderung erforderte. Voraussetzung dafür war Vertrauensbildung in beide Richtungen. Doch Vertrauen erfordert auch Vertraulichkeit. So offenbarte sich das Geflecht der Staat-Kirche-Beziehungen in der DDR erst nach 1989. Als nach Öffnung der Archive die Stasi-Verstrickung einzelner kirchlicher Würdenträger und Funktionäre bekannt wurde, geriet die Kirche ins Kreuzfeuer der Kritik. Plötzlich galt sie für manche als eine von der Staatssicherheit infiltrierte und weitgehend von der SED gelenkte Institution.
Angesichts einer staatlichen Kirchenpolitik, die seit Jahrzehnten zwischen Unterdrückung und Dialog pendelte, fiel es der Kirche schwer, ihren Handlungsspielraum zu jedem Zeitpunkt zu überschauen und zu nutzen. Schließlich blieb die Strategie der SED-Kirchenpolitik stets am Fernziel ausgerichtet, die Kirchen in der DDR irgendwann einmal abzuschaffen. Unstrittig ist heute, daß es der Staatssicherheit an einigen Stellen gelang, die Kirchen zu unterwandern. Unstrittig ist auch, daß es in jahrelanger Zusammenarbeit hinter den Kulissen zu manch - plumper - Vertraulichkeit zwischen den Verhandlungspartnern kam. Dennoch muß festgehalten werden, daß das bisher vorherrschende Bild der evangelischen Kirche als ein Widerpart staatlicher Allmacht, eine Förderin des deutsch-deutschen Dialogs und jenes einer Kirche, die konspirativ mit SED-Führern und der Staatssicherheit verhandelte und dabei stellenweise die eigene Integrität gefährdete, zwei Seiten derselben Medaille darstellen.
Deutsch-deutsche Beziehungen
in den achtziger Jahren
Und schließlich orientierte sich auch das deutsch-deutsche Verhältnis in den achtziger Jahren bis zuletzt an der politischen Realität, die eine plötzliche Implosion des sowjetischen Imperiums kaum vorstellbar erscheinen ließ. Heute verblaßt die Erinnerung an die Zeit vor dem Epochenwandel in Osteuropa 1989 immer stärker. Dabei standen sich die beiden Machtblöcke seit den ausgehenden 70er Jahren in neuer Feindseligkeit gegenüber. Der Westen hatte die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen in Osteuropa mit dem Nato-Doppelbeschluß beantwortet. Bei vielen Menschen - in Ost und West - wuchs die Angst vor einem Atomkrieg. Die Sowjetunion war 1979 in Afghanistan einmarschiert und die polnische Führung bekämpfte die Gewerkschaftsbewegung "Solidarität" 1981 mit dem Kriegsrecht, um nur einige Eckpunkte der damaligen Situation in Erinnerung zu rufen. Angesichts des Wiederauflebens des Kalten Krieges erschien es nicht nur Bonn, sondern zunehmend auch Ostberlin als vordringliches Ziel, im Rahmen der immer engeren Handlungsspielräume Schadensbegrenzung zu leisten. Die west- und noch mehr die ostdeutsche Deutschlandpolitik war stets eine Politik unter Vorbehalt. Keine Seite genoß in dieser Frage volle Souveränität.
Die großen, grundsätzlichen Streitpunkte in der Deutschlandpolitik waren bereits in den siebziger Jahren zur Zeit der neuen sozial-liberalen Ostpolitik ausgetragen worden. Auch der Regierungswechsel im Jahre 1982 änderte nichts wesentliches am mittlerweile parteiübergreifenden Konsens in dieser Frage. Nicht deutschlandpolitische Maximalziele standen im Mittelpunkt dieser Politik, sondern der Versuch, die Folgen der deutschen Teilung vor allem für die Bevölkerung im Osten erträglicher zu gestalten und das im Westen schwindende Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit wachzuhalten. Auch im vierten Jahrzehnt der deutschen Teilung schien die deutsche Frage auf absehbare Zeit nicht auf der "Tagesordnung der Weltgeschichte" zu stehen. In allen politischen Lagern herrschte weitgehend Einigkeit, daß die Wiedervereinigung allenfalls im Rahmen einer europäischen Friedensordnung verwirklicht werden könne, mit der die Spaltung Europas überwunden würde.
Für Ostberlin hätte das Parkett der deutsch-deutschen Beziehungen Anfang der achtziger Jahre kaum glatter sein können. Angesichts der neuen Eiszeit auf internationaler Ebene drohte der innerdeutsche Dialog zum Schweigen gebracht zu werden. Trotz aller ideologischer Abgrenzung nach Westen war sich die DDR-Führung jedoch wohl bewußt, daß die ostdeutsche Volkswirtschaft zunehmend von der Kooperation mit den westlichen Industriestaaten - und hier vor allem mit der Bundesrepublik - abhing.
In dieser diffizilen Situation war es ausgerechnet Erich Honecker, der im Oktober 1980 unverhofft auf Konfrontationskurs ging. Vor Parteifunktionären in Gera forderte er nachdrücklich die Anerkennung einer DDR-Staatsbürgerschaft sowie die Aufwertung der Ständigen Vertretungen in Bonn und Ostberlin zu regulären diplomatischen Botschaften. Auch über die innerdeutschen Beziehungen schien sich ein neuer "Frost" zu senken.
Die zeitgenössischen Beobachter mutmaßten nicht zu Unrecht, daß die Politbürokraten die innenpolitischen Auswirkungen ihrer Deutschlandpolitik damals mit Sorge betrachteten. Mit der Öffnung der Grenzen für den Warenverkehr gelangten auch neue Ideen und damit Hoffnungen auf eine Veränderung des Systems in die DDR. Der eigentliche Anstoß für diese unvermittelte Brüskierung der Bundesregierung kam jedoch aus Moskau. Mit zunehmender Skepsis überwachte man dort die regen Kontakte der DDR mit dem Westen. Bis hinauf in ihr Politbüro war die SED mit Gewährsmännern des Kremls durchsetzt. Als der Honecker-Intimus und ZK-Sekretär für Wirtschaft Günter Mittag am 22. April 1980 dem Politbüro über ein Treffen mit Bundeskanzler Schmidt und anderen Spitzen der Bundesrepublik am Rande der Hannover Messe berichtete, läuteten bei den Männern Moskaus die Alarmglocken. "Wir wissen ... nicht, ob das, was er dem Politbüro mitgeteilt hat, überhaupt stimmt. Wir beide haben Zweifel daran und glauben, daß der Bericht von Günter Mittag im Politbüro eine ´extra schön aufgemachte Information´ von Erich Honecker und Günter Mittag für das Politbüro und die KPdSU ist, um beide politisch zu befriedigen", petzten Werner Krolikowski und Willi Stoph nach Moskau. Selbst der schönfärberische Bericht würde deutlich machen, "daß Günter Mittag nicht als ein Vertreter der festgefügten sozialistischen Staatengemeinschaft und ihrer einheitlichen Außenpolitik, sondern als Teilnehmer eines deutsch-deutschen Techtelmechtels aufgetreten ist. Im Grunde genommen hat er mit Schmidt auf einem Stuhl gesessen, den Schmidt hingestellt hat, um zwischen der Sowjetunion und der DDR zu differenzieren."
Mit seinen Geraer Forderungen versuchte Honecker, solche Befürchtungen zu zerstreuen. Der Parteichef wußte sehr wohl, was für ihn auf dem Spiel stand. Er selbst hatte zehn Jahre zuvor seinen einstigen Mentor Ulbricht mit dem Hinweis auf dessen unkalkulierbare Deutschlandpolitik bei Breshnew angeschwärzt und damit dessen Sturz eingeleitet.
Tatsächlich sollten die zwischenstaatlichen Kontakte in den achtziger Jahren schließlich dennoch einen ungeahnten Aufschwung erfahren. Erich Honecker und seine SED wurden zu umworbenen Gesprächspartnern. Mit Ausnahme der Grünen pflegte jede westdeutsche Partei eifersüchtig "ihren Draht" zum kleineren Nachbarn. Für die CDU/CSU entwickelten Franz Josef Strauß und Alexander Schalck-Golodkowski eine Männerfreundschaft. Die SPD ließ ihre Grundwertekommission mit den Parteistrategen der SED über den "Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" diskutieren. Davon inspiriert, stellte der FDP-Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher bei einem seiner regelmäßigen Gespräche mit dem Vordenker der SED, Otto Reinhold, im August 1987 fest, "es wäre sehr gut, wenn eine Möglichkeit gefunden würde, auch mit Vertretern der FDP kontinuierliche Gespräche zu führen". Schon einmal - im Juli 1986 - hatte der Bonner Außenminister die Frage aufgeworfen, ob man nicht "einen inoffiziellen Kanal finden" könne, "außerhalb der staatlichen und diplomatischen Verbindung, auf dem Meinungen und Positionen ausgetauscht" werden könnten.
Perestroika? Nein Danke!
Die SED zeigt sich reformunfähig
Die mit dem Amtsantritt Gorbatschows einsetzende Entkrampfung der internationalen Beziehungen bestätigte die deutsch-deutschen Entspannungsbemühungen. Aus der "Koalition der Vernunft", so hatte Bundestagspräsident Philipp Jenninger diese Kontakte 1984 charakterisiert, entwickelte sich schließlich eine De-facto-Anerkennung des Honecker-Regimes, auf die der alternde "rote Zar" in Ostberlin so erpicht war. Der Besuch Erich Honeckers in Bonn auf Einladung von Helmut Kohl im September 1987 "und die durchgesetzte politische und protokollarische Behandlung des Genossen Erich Honecker als Staatsoberhaupt eines anderen souveränen Staates dokumentierten vor aller Welt Unabhängigkeit und Gleichberechtigung beider deutscher Staaten, unterstrichen ihre Souveränität und den völkerrechtlichen Charakter ihrer Beziehung", wie es zweifellos nicht unzutreffend im internen Besuchsbericht für das SED-Politbüro hieß. Doch während der ostdeutsche Parteiführer diese Früchte des "neuen Denkens" in der Sowjetunion gerne in Anspruch nahm, stießen "Glasnost" und "Perestroika" bei der SED-Führung auf kaum verhüllte Ablehnung. Nach der Wende aufgefundene interne Gesprächsprotokolle illustrieren das zunehmende Unvermögen der beiden Parteiführer, die Probleme des jeweils anderen zu verstehen. Aus der Sicht Gorbatschows war eine Modernisierung der sowjetischen Parteiherrschaft eine unabdingbare Notwendigkeit. Honecker und seine Führungsmannschaft spürten dagegen, daß die aus dem Osten vordringende Reformdiskussion die eigene Macht im Lande untergraben würde. Denkverbote, in der DDR seit Jahrzehnten zu einem hohen Preis aufrecht erhalten, wurden plötzlich vom östlichen Bruder in Frage gestellt. Verbittert mußten die greisen Politbürokraten im Herbst 1986 zur Kenntnis nehmen, daß der prominente sowjetische Autor Jewgeni Jewtuschenko im Westberliner Fernsehen "von einer einheitlichen deutschen Literatur" sprach. Gegenüber Gorbatschow etikettierte Honecker den Auftritt als "konterrevolutionär". Nach Jahrzehnten der totalen Abhängigkeit und bedingungsloser Unterordnung mutete Honeckers Klage fast tragisch an: "Für uns ist es wichtig, an einer und nicht an zwei Fronten kämpfen zu müssen."
1988/89 sollten sich die mit der Annäherung an die Bundesrepublik sowie mit dem Fortgang der sowjetischen Reformen verbundenen Befürchtungen der Hardliner in der SED auf drastische Weise bestätigen. Im November 1988 informierte der Leipziger Jugendforscher Walter Friedrich den als Honecker-Kronprinzen angesehenen ZK-Sekretär Egon Krenz in einer streng vertraulichen Analyse über den stetig wachsenden Einfluß der BRD in Fragen der Wirtschaft und Kultur. Die gravierenden "Mängel und Schwächen im eigenen Land (z.B. Versorgungs-, Ersatzteilprobleme, Informationspolitik, Schönfärberei, reale demokratische Mitgestaltung etc.) werden immer deutlicher wahrgenommen und immer kritischer bewertet. An der Überlegenheit des Sozialismus wird immer mehr gezweifelt. Die Nichtöffnung in Richtung der Perestroika-Strategie spitzt alles noch zu." Die Parteiführer verfügten zu diesem Zeitpunkt jedoch weder über alternative politische Konzepte noch über materielle Ressourcen, um dem wachsenden Unmut in der Bevölkerung durch eine kurzfristige Verbesserung des Lebensstandards zu begegnen. Die Bemühungen der SED-Führung, die eigene Macht mit Durchhalteparolen und Repression zu behaupten, griffen ins Leere.
Die Opposition formiert sich
Die tiefe politische Krise, in der sich die DDR befand, trat vor und nach den Kommunalwahlen vom Mai 1989 schlaglichtartig zutage. Bereits im Vorfeld der Wahlen hatten oppositionelle Gruppen erklärt, daß sie die bis dahin üblichen Wahlfälschungen nicht mehr hinnehmen würden. Doch angesichts der zugespitzten Lage war die Parteiführung weniger denn je bereit, ein politisches Stimmungsbild durch unmanipulierte Wahlen zuzulassen. Zwar lag der Grad der Zustimmung zu den Einheitslisten wie auch die Wahlbeteiligung erstmals knapp unter 99 Prozent, doch auch diese Zahlen waren wie seit Jahren gefälscht. Doch erstmals traten Wahlbeobachter aus den Friedens- und Ökologiegruppen massiv an die Öffentlichkeit. Protestresolutionen, sogar kleinere Demonstrationen und hunderte von Strafanzeigen wegen Wahlfälschung demonstrierten das wachsende Selbstvertrauen der Bürgerrechtler. Angesichts der starren Haltung der Parteiführung und einer immer offensichtlicheren Versorgungkrise war die Zahl der Ausreisewilligen Ende 1988 auf über 113.000 Menschen angestiegen. Als Ungarn im Mai 1989 damit begann, seine Grenzsperren zu Österreich abzubauen, suchten hunderte staatsmüde DDR-Bürger über Budapest ihren Weg in den Westen. Ausreisewillige besetzten die dortige bundesdeutsche Botschaft. Bald sollten auch die Bonner Vertretungen in Prag und Warschau mit DDR-Bürgern überfüllt sein. Ohne mit der DDR-Regierung Rücksprache zu nehmen, öffnete Ungarn am 10./11. September seine Grenzen nach Westen. Daraufhin setzte in der DDR ein Massenexodus ein. Innerhalb weniger Wochen verließen auf diese Weise über 25.000 Menschen das Land.
Die SED-Führung reagierte mit hilflosem Starrsinn. Im August reimte Honecker vor Erfurter Mikroelektronikern: "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf." Den Flüchtlingen weine man "keine Träne" nach, ließ der kranke Generalsekretär im Oktober auf dem Höhepunkt der Fluchtbewegung verlauten.
Falls das Politbüro im Sommer noch mit dem Gedanken gespielt hatte, eine massenhafte Ausreisewelle als Ventil zu nutzen, um die aufgeheizte Situation im Lande abzukühlen, so machte die allerorts stürmisch wachsende Bürgerrechtsbewegung dem endgültig einen Strich durch die Rechnung. Aus "Wir wollen raus!", dem Protestruf der Ausreiswilligen, wurde in den Sommermonaten des Jahres 1989 ein trotziges "Wir bleiben hier!". Überall im Lande formierten sich politische Gruppen, die für eine demokratische Umgestaltung der DDR eintraten: Bereits im Juli hatten sich Menschen mit dem Ziel zusammengefunden, eine sozialdemokratische Partei ins Leben zu rufen. Im September beantragten das "Neue Forum" und "Demokratie jetzt" ihre Zulassung. Im Oktober folgte der "Demokratische Aufbruch", um nur einige zu nennen. In Leipzig erfuhren die Montagsdemonstrationen trotz Massenfestnahmen und Schlagstockeinsatz durch die Staatsmacht einen ständigen Zulauf. Als die DDR-Führung am 7. Oktober 1989 anläßlich des vierzigsten Jubiläums der Staatsgründung zu einer letzten Massendemonstration mobilisierte, demonstrierten Bürger im ganzen Land für demokratische Reformen. Über das Westfernsehen drang nicht nur der Ruf vieler zehntausender friedlicher Demonstranten "Wir sind das Volk!" in die Wohnzimmer in Ost und West, sondern auch das brutale Vorgehen der "Volks"-Polizei.
Die gelähmte SED
Seit den traumatischen Erfahrungen des 17. Junis hatte die SED alles versucht, um einen neuerlichen "Tag X", an dem es das Volk ein weiteres Mal wagen könnte, die Macht im Staate herauszufordern, im Keim zu ersticken. Flächendeckend war das Land mit offiziellen und inoffiziellen Geheimdienstmitarbeitern überzogen worden, fast alle Oppositionsgruppen durch die Staatssicherheit infiltriert. Die Arsenale der Betriebskampfgruppen, der Volkspolizei und -armee waren hochgerüstet. Und dennoch erschien die SED-Spitze im Angesicht der Krise wie gelähmt. Schenkt man den späteren Rechtfertigungsversuchen ehemaliger SED-Spitzenfunktionäre Glauben, dann war in den Führungsgremien auf zentraler wie auf Bezirksebene in den achtziger Jahren die Notwendigkeit von Reformen durchaus erkannt worden. Schließlich häuften sich in dieser Zeit die Berichte der Staatssicherheit und des eigenen Apparats über die desolate wirtschaftliche und politische Situation im Lande. Dennoch wagte niemand dem selbstherrlichen und starrsinnigen Regime Erich Honeckers, der zentrale Entscheidungen immer häufiger mit seinem Staatssicherheitsminister Mielke und dem Wirtschaftsverantwortlichen Günter Mittag im Alleingang traf, zu widersprechen. Anders als bei der Ulbricht-Ablösung 1971 konnte der längst gealterte politische Nachwuchs in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre nicht mehr auf die Unterstützung der sowjetischen Bruderpartei hoffen. 1986 hatte Gorbatschow die "Selbständigkeit jeder Partei, ihr Recht auf souveräne Entscheidung über die Entwicklungsprobleme ihres Landes" erklärt. Doch es dürfte weniger die Sorge vor der allgegenwärtigen Staatssicherheit gewesen sein, die Egon Krenz und Genossen zaudern ließ. Viel stärker wog angesichts der Vielzahl der unlösbar scheinenden Probleme die eigene Konzeptionslosigkeit und das Unvermögen, sich den Zusammenbruch des eigenen Systems vorstellen zu können.
Von der eigenen Führung alleingelassen hatte im Zwei-Millionen-Heer der SED-Mitgliedschaft in den späten achtziger Jahren ein Erosionsprozeß stattgefunden, der den Stillstand des Systems perfekt machte. Mit wachsender Erbitterung reagierten 1989 auch die meisten Parteimitglieder auf die Sprachlosigkeit der eigenen Führung. Schließlich mußten sie Tag für Tag an den Werkbänken und in den Büros die sich verschlechternde Versorgungslage begründen, die Verlogenheit der Presse verteidigen und erklären, warum man von der Sowjetunion Gorbatschows nicht mehr "siegen lernen" wolle. So wurde die einst monolithische Partei in ihrer Zerrissenheit zum Spiegelbild der Gesellschaft. Alte Kader forderten ein hartes Vorgehen gegen die politische Opposition. Vor allem jüngere Mitglieder, Intellektuelle und Künstler hofften vergeblich auf "Glasnost" und "Perestroika". Die Meisten steckten ihren Kopf in den Sand und warteten auf ein Wunder.
Die Zahl derer, die im Spätsommer 1989 eine gewaltsame "chinesische Lösung" gutgeheißen hätten, war immer kleiner geworden. Auch die Sowjets zeigten - anders als 36 Jahre zuvor - keine Bereitschaft, die Staats- und Parteiführung vor dem eigenen Volk mit Panzern zu schützen. Im Gegenteil. Am Rande der Feierlichkeiten zum vierzigsten Jahrestag der DDR-Gründung schrieb Michail Gorbatschow dem SED-Politbüro ins Stammbuch: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Doch da war die Entwicklung in der DDR den Herrschenden längst aus dem Ruder gelaufen.
Von der "Wende" zum Ende
Als am Abend des 9. Oktober 70.000 Menschen zur Leipziger Montagsdemonstration strömten, stand die Situation auf Messers Schneide. Sicherheitskräfte standen bereit, die Kundgebung gewaltsam aufzulösen. Doch setzten sich in der Leipziger SED-Bezirksleitung die besonnenen Kräfte durch. In einem von Kurt Masur, dem Kapellmeister des Leipziger Gewandhauses, initiierten und im Rundfunk verlesenen Aufruf appellierten u.a. auch drei Sekretäre der SED-Bezirksleitung für einen friedlichen Ablauf des Geschehens. Jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Immer mehr Bürger schlossen sich den Oppositionsgruppen an und nahmen an den Kundgebungen teil.
Als am 16. Oktober schließlich über 100.000 Demonstranten in Leipzig demokratische Reformen einklagten, versuchten Teile der Parteiführung noch eine "Wende" in ihrem Sinne "einzuleiten". Egon Krenz, der Berliner SED-Bezirkschef Günter Schabowski, der Vorsitzende der Einheitsgewerkschaften Harry Tisch und Ministerpräsident Willi Stoph sowie einige weitere Mitglieder der SED-Spitze verständigten sich, Erich Honecker abzusetzen. So hofften sie, das angeschlagene System vor dem völligen Zusammenbruch zu retten. Erich Honecker ahnte nichts, als das Politbüro wie jeden Dienstag, so auch am 17. Oktober zu einer Sitzung zusammentrat. Nach seinen einleitenden Worten unterbrach ihn Willi Stoph, der vorschlug, die Tagesordnung zu ändern und über die Absetzung des Generalsekretärs zu beraten. Mit "einem steinernen Gesicht", so erinnerte sich Schabowski später, ließ Honecker die Debatte zu, an deren Ende beschlossen wurde, das Zentralkomitee sollte Honecker am folgenden Tag "auf eigenen Wunsch" von allen Ämtern entbinden. So wählte das ZK am 18. Oktober Egon Krenz zum neuen SED-Generalsekretär. Sechs Tage später ließ sich der langjährige FDJ-Vorsitzende zum Vorsitzenden des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates wählen. Krenz versprach zunächst eine "Wende". Danach hoffte er offenbar, nach einigen Korrekturen an der Parteilinie zum politischen Tagesgeschäft übergehen zu können. Doch die halbherzigen personellen Veränderungen und politischen Absichtserklärungen konnten die aufgeheizte Stimmung im Land nicht abkühlen. Die Menschen verlangten grundlegende politische Reformen.
Der erste Staatsbesuch führte den neugewählten Generalsekretär nach Moskau. Dort erklärten Krenz und Gorbatschow am 1. November übereinstimmend, das Thema Wiedervereinigung stehe "nicht auf der Tagesordnung". Wenige Tage später sollte sich die Dynamik der Ereignisse jedoch weiter beschleunigen. Auf der größten Massendemonstration in der Geschichte der DDR forderten am 4. November rund eine Million Menschen auf dem Ostberliner Alexanderplatz Presse-, Reise-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie freie Wahlen. Jetzt begann sich in der SED das Führungskarussell immer schneller zu drehen. Bis Mitte November waren fast alle ehemaligen Spitzenfunktionäre auf zentraler, Bezirks- und Kreisebene abgelöst worden. Der als Reformer geltende Dresdner SED-Bezirkschef Hans Modrow wurde ins Politbüro berufen und am 13. November von der Volkskammer zum neuen Regierungschef gewählt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ein anderes Ereignis die politische Landschaft bereits grundlegend verändert. In der Nacht vom 9. auf den 10. November öffnete die SED-Führung - beinahe beiläufig und ohne Absprache mit der Sowjetunion - die Grenzen zwischen Ost- und Westberlin.
Bald sollte deutlich werden, daß der Mauerfall nicht nur das Ende der SED-Diktatur markierte sondern auch das Ende der DDR eingeleitet hatte. So gestalteten sich die letzten Monate der DDR als Vorgeschichte der deutschen Wiedervereinigung, die hier nur knapp skizziert werden kann.
Der Weg zur deutschen Einheit
Der Übergang zur Demokratie vollzog sich zwischen Oder und Elbe ebenso rasch wie widersprüchlich. Binnen weniger Wochen verlor die SED eine Machtposition nach der anderen. Am 1. Dezember wurde die "führende Rolle" der Partei aus der Verfassung gestrichen. Von den Stützen ihrer Herrschaft, den Betriebskampfgruppen und der Staatssicherheit entblößt, versuchte die SED, auf einem außerordentlichen Parteitag Mitte Dezember zu retten, was noch zu retten war. Die Mehrheit der Delegierten stimmte gegen die Forderung, die Partei aufzulösen. Unter dem Namen "SED - Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) hoffte man auf einen wie auch immer gearteten Neuanfang. Der Parteitag wählte den Rechtsanwalt Gregor Gysi an die Spitze eines neugeschaffenen Parteivorstandes, in dem sich kaum noch Mitglieder des alten ZK befanden. Die neue alte Partei proklamierte einen diffusen "dritten Weg jenseits von stalinistischem Sozialismus und Herrschaft transnationaler Monopole".
Formal hatten während der vierzigjährigen DDR-Geschichte die politischen Strukturen einer parlamentarischen Demokratie fortbestanden. Nach dem Zusammenbruch der SED-Diktatur eigneten sich die Blockparteien und Massenorganisationen ebenso wie die Volksvertretungen von der Gemeinde- bis zur zentralen Ebene die ihnen bis dahin versagte Autonomie sowie die in der DDR-Verfassung verankerten Funktionen an. So entstand die merkwürdige Situation, daß die - mit wenigen Ausnahmen - gleichen Politiker und Funktionäre, die wenige Monate zuvor noch Ergebenheitsadressen an die SED-Führung gerichtet hatten, sich mit "gewendeten" Positionen an die Spitze des politischen Neuanfangs in der DDR stellten. Auf diese Weise konnte auch die SED als stärkste Volkskammerfraktion noch bis Frühjahr 1990 der Regierung vorstehen, zumal ihre sofortige Entmachtung angesichts der schwer zu kalkulierenden Haltung der Sowjetunion kaum möglich schien.
Um auf die politische Entwicklung Einfluß nehmen zu können, richtete die Bürgerbewegung bis zum Jahresende auf allen politischen Ebenen und in zahllosen Städten und Gemeinden "Runde Tische" ein, an denen Vertreter aller politischer Gruppen Platz nahmen. In viele Richtungen gespalten, fiel es den Vertretern der Bürgerbewegung jedoch schwer, sich gegen den machterprobten Apparat der alten politischen Kräfte durchzusetzen.
Anfang 1990 wurde deutlich, daß die politischen Kräfte des Herbstes 1989, von der ehemaligen Staatspartei über die Blockparteien bis hin zu den zahlreichen politischen Oppositionsgruppen, die die SED-Diktatur erfolgreich herausgefordert hatten, das Heft des Handelns zunehmend aus der Hand genommen bekamen. Seit dem Mauerfall hatten Millionen DDR-Bürger die Bundesrepublik und Westberlin besucht. Angesichts der dabei gewonnenen Eindrücke verloren die Menschen zwischen Elbe und Oder rasch das Interesse an einer "anderen" DDR. Aus der Parole "Wir sind das Volk" wurde die übermächtige Losung "Wir sind ein Volk". Nach vier Jahrzehnten stand die Frage der Wiedervereinigung plötzlich auf der politischen Tagesordnung. Im Februar signalisierte Moskau, daß die Sowjetunion keine prinzipiellen Einwände mehr gegen eine Vereinigung der beiden deutschen Staaten habe. Nach anfänglichem Zögern sprangen fast alle Parteien und die meisten politischen Gruppierungen auf den Einheitszug auf. Kontrovers diskutiert wurde nur noch das Prozedere. Voraussetzung für alle weiteren Schritte waren freie Volkskammerwahlen, die von Mai auf den 18. März vorverlegt wurden. Der Wahlkampf verdeutlichte die Sogkraft des westlichen Nachbarn. Schnell hatten sich in der DDR die politischen Konstellationen der Bonner Republik etabliert. Die CDU förderte nach Kräften die gleichnamige einstige Blockpartei. Die FDP nahm die LDP unter ihre Fittiche. Ausgestattet mit ihren alten Ressourcen und einem funktionierenden Apparat (Presse, Gebäude usw.) genossen die früheren Bündnispartner der SED gegenüber der neugegründeten SPD sowie der zersplitterten Bürgerbewegung einen Startvorteil, den sie zu nutzen wußten. So ging am Abend der Wahl das konservative Bündnis "Allianz für Deutschland", gebildet aus Ost-CDU, Demokratischem Aufbruch und Deutscher-Sozialer Union (DSU), mit über 48 Prozent der Stimmen als Sieger aus den ersten freien Wahlen in Ostdeutschland seit 1946 hervor. Die Liberalen erzielten etwas mehr als fünf Prozent, die SPD knapp 22. Immerhin jeder sechste Wähler stimmte für die PDS. Auch die Kommunalwahlen im Mai änderten an diesem Bild nicht mehr viel. Der Bürgerbewegung hatte das Wahlvolk im März mit noch nicht einmal fünf Prozent der Stimmen das Mandat für die Gestaltung der deutschen Einheit versagt. Aus der Sicht der Bevölkerung hatte die Avantgarde des Herbstes 1989 offenbar ihre Schuldigkeit getan. Und dennoch blieb nicht allein die friedliche Revolution ihr historischer Verdienst. Ihrer Beharrlichkeit ist es vor allem zu verdanken, daß es Anfang Januar 1990 zur Auflösung des umbenannten Staatssicherheitsministeriums, des Amtes für Nationale Sicherheit, kam, und daß nicht nur die Aktenvernichtung der Stasi ein Ende nahm, sondern das papierene Erbe des Geheimdienstes heute der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Angesichts der überwältigenden Aufgabenfülle bildeten die "Allianz für Deutschland" zusammen mit der SPD und den Liberalen eine große Koalition. Die letzte DDR-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Lothar de Maizière war in keiner beneidenswerten Situation. Zahllose Verfassungs- und Gesetzesänderungen mußten in kürzester Frist ausgearbeitet und umgesetzt werden. Brennende wirtschaftliche und soziale Probleme ließen die Bevölkerung immer ungeduldiger werden. Stasi-Enthüllungen erschütterten die Glaubwürdigkeit des neuen Establishments. Nur schleppend gelang es, alte Strukturen und Seilschaften aus der Zeit der Diktatur in der öffentlichen Verwaltung sowie in der Wirtschaft zu zerschlagen.
Als am 1. Juli 1990 die Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft trat, mit der die D-Mark im Osten Einzug hielt, waren auch auf internationaler Ebene die Weichen für die Wiedervereinigung gestellt. Jetzt ging alles rasend schnell. Am 23. August 1990 beschloß die Volkskammer mit überwältigender Mehrheit den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 des Grundgesetzes zum 3. Oktober. Der Entscheidung waren heftige Kontroversen vorausgegangen, die zum Ende der großen Koalition geführt hatten. Die Beitrittsprozedur sollte ein Einigungsvertrag regeln, der eine Woche später von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und DDR-Staatssekretär Günther Krause unterzeichnet wurde.
Am 3. Oktober 1990, nur vier Tage vor ihrem 41. Jahrestag, hörte die DDR auf, als Staat zu existieren. In den Köpfen der Menschen lebt die Erinnerung an das, was war, wohl noch lange fort; im Osten wie im Westen. Um die Zukunft zu gestalten, bedarf es dieser Erinnerung, die frei von neuen oder alten Legenden sein sollte. Nur so kann zusammenwachsen, was zusammengehört.
Weiterführende Literatur:
Das war die DDR. Eine Geschichte des anderen Deutschlands. Hrsg. von Wolfgang Kenntemich, Manfred Durniok und Thomas Karlauf. Berlin 1993.
Eppelmann, Rainer/ Horst Möller/ Günter Nooke/ Dorothee Wilms (Hrsg.): Lexikon des DDR-Sozialismus. Das Staats- und Gesellschaftssystem der Deutschen Demokratischen Republik. Paderborn 1996.
Herbst, Andreas/ Winfried Ranke/ Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. 3 Bände. Reinbek bei Hamburg 1994.
Kleßmann, Christoph: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945-1955. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage, Göttingen 1991.
Loth, Wilfried: Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte. Berlin 1994.
Mitter, Armin/ Stefan Wolle: Untergang auf Raten. Unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte. München 1993.
Nakath, Detlef/ Stephan, Gerd Rüdiger (Hrsg.): Count Down zur deutschen Einheit. eine dokumentierte Geschichte der deutsch-deutschen Beziehungen 1987-1990, Berlin 1996
Staritz, Dietrich: Geschichte der DDR. 1949-1990. Erweiterte Neuausgabe, Frankfurt am Main 1996.
Weber, Hermann: Die DDR 1945-1990. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1993.
Weber, Hermann: Geschichte der DDR. 2. Auflage, München 1986.
Wer war wer in der DDR. Ein biographisches Handbuch. Hrsg. von Bernd-Rainer Barth, Christoph Links, Helmut Müller-Enbergs und Jan Wielgohs. Frankfurt am Main 1995.
Copyright: Ulrich Mählert, Arbeitsbereich IV des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung, Universität Mannheim.
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