Entwurf:


Mein künstlerisches Konzept für die Gestaltung des MMB versucht, den hohen Abstraktionsgrad spezifischer wissenschaftlicher Forschung sinnfällig zu parallelisieren. So werden Elemente der Architektur, der Natur und der Sprache, sowie Licht und Farbe in einem Kunstsystem so gekoppelt, daß aus einem unbekannt zusammenhängenden Bild das Bild eines Zusammenhangs entstehen kann.

Entscheidend für eine solche Bildung ist die Rolle der Benutzer/Beobachter, und so steht dieser als aktiv teilnehmender Part im Mittelpunkt meiner Gestaltung. Vermittelnd spielen Sprachbegriffe eine entscheidende Rolle, sodaß mein Entwurf auch insgesamt einen Titel trägt, der gleichzeitig als Sprachbild Gegenstand meiner wie eben auch der speziellen wissenschaftlichen Arbeit sein kann: QUOTE IN TIME.

Entsprechend der Konvention internationaler wissenschaftlicher Kommunikation und mit Blick auf die Differenz zur ortsüblichen Sprache wurde durchgängig Englisch für die Ebene der Sprachbilder gewählt. Auf illustrative und symbolische Gestaltungselemente wurde bewußt verzichtet.


1. Eingang, Außenbereich


Zwei ca. 12 m hohe und 15 x 15 cm Kantenlänge messende Torkonstruktionen öffnen, über Kreuz gesetzt, die Ecksituation des Haupteingangsbereiches. Die Konstruktion setzt in der Straßenflucht ein markantes und weithin sichtbares Zeichen und bieten Näherkommenden ausschnitthaft ein Bild sich überlagernder Beobachtungsebenen.
“Eingemessen” sind diese skulpturalen Elemente durch ein in roten Klinkern ausgeführtes Bodenbild, in dem Maße und Strukturen der Architektur und des Raumordnungsplanes reflektiert werden.
2. Innenbereiche


2.1. Die zentrale im Luftraum der Halle von allen Seiten und allen Stockwerken sichtbare Stahltreppe soll eine blaue Lackierung/Beschichtung erhalten. Zusätzlich erhalten die Flanken der Deckendurchstiche, die zur Treppe weisen, eine Spiegelglasverkleidung, auf der eine Abwicklung von Begriffen fixiert sind. Diese sind aus selbstklebender Spiegelfolie geschnitten und parallelisieren den Vorgang wissenschaftlicher Arbeit: minimalste strukturelle Änderungen – hier der Austausch eines Buchstabens – erzeugen maximale kontextuelle Änderungen. Trotzdem schließt sich der Kreis: das "Sprachspiel" kehrt in sich zürück und Anfang und Ende sind nicht mehr eindeutig zu bestimmen.

Durch diesen Eingriff wird sowohl die Treppe zum skulpturalen Bild, wie auch deren Benutzung die Reflexion von Blick- und Standpunkten zum Bild im Raum möglich macht.


2.2. Die drei kleineren Lichthöfe erhalten mit der Abwicklung ähnlicher Gestaltungselemente ein Forum für die Beobachtung von Wiederholung und Differenz von Begriffen und deren Deutung für Zusammenhänge.

In dem vorgesehenen Bodenbelag (gelbgrauer indischer Granit) sind, entwickelt aus dem Modul 20/30 cm, Bodenplatten vorgesehen, in die Schriftbilder eingemeißelt sind. (Das Betreten der Platten ist weiterhin möglich. ) Es handelt sich bei den Begriffen um Entwicklungen von Zeichen aus “TIME” durch die Abwandlung von je nur einem Buchstaben. Die Schrifthöhe beträgt 12,5 cm. Im einzelnen sind folgende Begriffe vorgesehen:



TILL
TILE
TALE
TAME
TIME
TIDE
TIRE
TOME
TOMB
Dieses zweite “Sprachspiel” wird parallel zur wissenschaftlichen Bedeutung von Analyse und Referenz durchgeführt und seine Lesart entspricht der räumlichen und individuellen Position seiner Leser.

Ein besonderer Stein kennzeichnet und unterscheidet jeweils die Lichthöfe prinzipiell:
Lichthof I: russischer Granit, rotbraun,
Lichthof II: brasilianischer Granit, blau,
Lichthof III: indischer Granit, gelb.
Auf diesen Steinen wird das “Sprachspiel” auf strukturelle Art jeweils im Hinblick und mit Ausrichtung auf die Bibliothek des Institutes weiterinterpretiert.

Alle Wendeltreppen sind, wie die Treppe in der Halle, blau.

3. Außenbereich, Hof und Park


Vereinzelt werden hier im Granitplattenbelag Schriftbilder (aus den Lichthöfen) wiederholt. Die Schrifthöhe beträgt hier 6 cm. Die Positionierung der einzelnen Platten geschieht nach einem Zufallsprinzip, sodaß auch ihr Wiederauffinden nicht systematisch nachvollzogen werden kann.

An der Grenzmauer im Norden des Geländes wird der Titel/das Thema des Gesamtentwurfes in plastisch ausgebildeten Buchstaben angebracht. Es handelt sich dabei um frontal und seitlich verspiegelte Buchstabenkörper, Höhe 50 cm, Tiefe 13 cm, Lauflänge insg. ca. 7 m, die in der Dämmerung und nachts blau hinterleuchtet sind (sogenannte “Schattenschrift”). Ihnen zugeordnet ist ein zusätzlich in die Gartengestaltung aufgenommener Baum (Sumpfzypresse; taxodium distichum). Die genaue Position wird noch abgestimmt.


So wird, nach Durchlaufen der “Sprachspiele” wissenschaftlicher Arbeit das Thema zusammengefaßt, lesbar gemacht und mit allen Reflexen und Spiegelungen der Wirklichkeit konzentriert in eben jenem Raum installiert, der ikonografisch wie erlebnishaft parallel zur Architektur schon vorgesehen war. Gleichzeitig wird dort der Abstraktionsgrad sinnfällig, der im Innern des Gebäudes bislang nur eine Hilfskonstruktion der Forschung darstellte.

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Sprachspiel:

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